Angina pectoris und Herzinfarkt – Online-Beratung

Eine Angina pectoris führt häufig zum Infarkt

Angina Pectoris

Da sind arterielle Verengungen… ©Sagittaria/ fotolia.com

Angina pectoris – dieser Name klingt so harmlos; wer würde dahinter ein dramatisches Krankheitsge- schehnis vermuten – mit Anfällen von Panik und heftigsten Schmerzen – das in einen Herzinfarkt überge- hen kann.
Angina pectoris heißt Engbrüstigkeit und die stellt sich ein, weil ein reifenartiger Anspannungszustand den Brustbereich im Anfall zusammenschnürt. Schuld an der ganzen Misere ist eine schlechte Durchblu- tung der Herzkranzgefäße, die zu einer Hypoxie – einer Sauerstoffschuld – des Herzmuskels führt, der darauf mit heftigsten Schmerzen reagiert. Über das Schultergelenk können diese ausstrahlen bis in die linke Hand.

Der stotternde Blutfluß der Kranzarterien kann durch dreierlei Ursachen zustande kommen:

1.Einmal können arteriosklerotische Gefäßablagerungen in den Herzkranzgefäßen ein so starkes Ausmaß annehmen, dass die Blutzufuhr schon im Ruhezustand für das Herz ungenügend ist und Schmerzen auftreten. Dies ist ab einer Lumenverlegung von 75 Prozent der Fall.

2.Durch eine nervöse Fehlsteuerung des vegetativen Nervensystems kommt es zu einer starken Verengung der Herzkranzgefäße und dadurch zu einer Durchblutungsstörung des Herzmuskels – die reversibel ist – wenn der „Krampf der Arterien” nachlässt.

3.Drittens kann eine Kombination aus eins und zwei eintreten: Bei einer Vorschädigung der Kranzgefäße führt eine „nervöse” Verkrampfung zu einer weiteren Verengung und vergrößert dadurch das bestehende Übel. Solche Situationen können leicht und schnell in einen Herzinfarkt münden und den Tod bedeuten.

In der Situation drei kann kaum mehr Blut in die Areale hinter der Verengung fließen. Starke Schmerzen und Angst sind die Folge – die Angst kann sich zur Panik ausweiten. Diese ängstliche Gestimmtheit – die immer einen Angina pectoris Anfall bekleidet – verschärft die Situation zusätzlich: Das vegetative Nervensystem interpretiert die ganze Aufregung nämlich als Notfall im Rahmen einer Kampf-Flucht-Situation. Der ausgelöste Alarm startet das körperliche Notfallprogramm – um für alle Fälle gerüstet zu sein.

Ein archaischer Reflex – aus unserer tierischen Vergangenheit – setzt aus dem Nebennierenmark die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin frei. Es kommt zu einem Blutdruckanstieg, verbunden mit einer weiteren Gefäßeinengung und zu einer Erhöhung der Herzschlagfrequenz – die die Sauerstoffnot des Herzens noch weiter vergrößert. In dieser Situation kann ein Herzinfarkt auftreten, weil sich im Bereich der Engstelle ein Blutgerinnsel bildet oder der Engpass durch die Verkrampfung vollkommen undurchlässig geworden ist.

Gott sei Dank gibt es wirksame Medikamente, die als Zerbeißkapsel oder als Spray relativ sicher den Anfall beenden. Die stark gefäßerweiternde Wirkung dieser Nitroglyzerine tritt unmittelbar ein und beseitigt das Sauerstoffdefizit des Herzmuskels.

Angina pectoris und Aufregung

Jedes Kind weiß, dass man vor Aufregung einen Herzinfarkt bekommen kann – auch wenn man nicht mit einem vorgeschädigten Herzen belastet ist. Eine starke Emotion – es kann sogar übermäßige Freude sein – kann zu einem starken Spasmus der Koronargefäße führen – mit kompletten Ausfall der kardialen Hämodynamik und dem sofortigen Tod.

Im Folgenden geht es um diesen Spasmus – diesen Herzkrampf – der sich natürlich bei Gefäßkranken besonders fatal auswirkt, aber bei den Herzgesunden genauso auftreten kann.

Ich möchte Ihnen auf dieser Seite eine interessante Theorie aus der evolutionären Biologie vorstellen, die dieses unerfreuliche Geschehen in einen entwicklungsgeschichtlichen Kontext platziert und den Nutzwert heraus stellt, den ein Koronarspasmus vor langer Zeit einmal gehabt haben könnte.

„Angina pectoris” gibt es auch bei Tieren

Feldhase

Wo ist der Feind… ©picturecoast/ fotolia.com

Liegt ein Feldhase in seinem Ruhelager und bemerkt die Annäherung eines Feindes, spielen sich in seinem Körper bemerkenswerte Vorgänge ab: Sein Herzschlag verlangsamt sich zuerst ganz enorm – weit unter dem Rhythmus, der beim Schlafen herrscht – um dann urplötzlich regelrecht zu explodieren.

Der Abfall der Herzfrequenz tritt ein, wenn der Feind auf ungefähr 30 Meter herangekommen ist. Der Hase verfällt dabei in einen paralysierten Zustand, in dem er nicht zur geringsten Bewegung mehr fähig ist. Sein Sensorium ist dabei aber ungetrübt. Dieses passive bewegungslose Verhalten soll ihm dazu verhelfen unentdeckt zu bleiben.
Ist diese Strategie unwirksam und der Feind kommt immer näher, weil er Witterung aufgenommen hat, gibt das Hasenherz ab einer kritischen Distanz Vollgas und der Feldhase sprintet davon. Der Alarmstart bringt den Hasen einen großen Vorteil ein und sichert ihm einen Vorsprung, den sein Feind vielleicht kaum mehr wettmachen kann.

Ein noch skurrileres Verhalten zeigt eine australische Beutelratte, wenn sie auf einen Fressfeind trifft, der nicht durch Drohgesten einzuschüchtern ist: Sie fällt in Ohnmacht und spielt toter Mann.
Die Strategie die dahinter steckt zielt auf das Jagdverhalten der Raubfeinde ab – die, in aller erster Linie, durch eine Fluchtbewegung der Beute zum Angriff gereizt werden. Man könnte sagen, dass das Jagen einem Jäger genauso wichtig ist wie das Fressen. Eine leblose Beute ist unter gewissen Umständen für ihn gar keine Beute.
Hat der Räuber keinen Gefallen an der tot wirkenden Beutelratte gefunden und ist abgezogen, wird diese alsbald wieder munter und geht ihrer Wege. Diese Strategie, ein totes Beutetier zu mimen, existiert auch noch bei einer Reihe anderer Arten; auch unter Amphibien ist sie verbreitet.

Hat der Patasaffe z.B. – ein in offener Landschaft lebender Primate – keinen Baum zum Erklettern, aktiviert sich bei ihm der Scheintodreflex und er erstarrt, wenn er von einem Feind angegriffen wird.

Die Physiologie die hinter dieser lebensrettenden „Erfindung” steckt, zielt auf eine Drosselung der Herzdurchblutung. Durch eine Verkrampfung der Koronararterien – die das Herz mit Blut versorgen – gerät der Pumpmuskel in einen Sauerstoffmangel und verlangsamt seine Schlagfrequenz – ähnlich einem Pkw, wenn der Fahrer den Fuß vom Gas nimmt. Eine drastisch veränderte Hämodynamik ist die Folge; es kommt zur Unterversorgung des Zentralnervensystems mit Sauerstoff und Glucose und dadurch – zur Ohnmacht.

Herz hat keinen ausreichenden Kollateralkreislauf

Es existiert die interessante Theorie, dass sich beim Menschen ähnliche Mechanismen abspielen könnten:

Einen Hinweis darauf gibt die Konstruktion der Herzkranzgefäße – die funktionelle Endarterien sind, weil sie nicht über ausgebildete kollaterale Blutgefäße verfügen, die im Falle eines Verschlusses einen wirksamen Umgehungskreislauf herstellen können.

Kollateralkreisläufe bestehen aus Querverbindungen von Arterie zu Arterie. Ihr biologische Zweck ist darauf ausgerichtet die Blutversorgung auch dann aufrecht zu erhalten, wenn eine der Arterien verstopft ist. Der einsetzende Umgehungskreislauf kann dann das Handicap teilweise kompensieren. Es ist einigermaßen merkwürdig, dass der wichtigste Muskel im menschlichen Körper nicht über so eine eingebaute Sicherung verfügt. Bei Bedarf sind deshalb die Chirurgen gefordert einen Bypass – eine künstliche Umgehung – zu setzen, um eine Engstelle zu überbrücken.

Verkrampfung macht Sinn

Die Evolution „erschafft” anatomische Strukturen, wenn ein Bedarf dazu besteht und eliminiert diejenigen die sich als nachteilig erweisen. Bei einer Höherentwicklung bleiben zwar manchmal alte Strukturen bestehen – die nicht mehr gebraucht werden – im Gegenzug aber auch nicht schädlich sein dürfen. Bei einem so zentral lebenswichtigen Organ – wie es das Herz ist – kann man sich nicht vorstellen, dass die Natur etwas Wichtiges dabei „vergessen” oder „übersehen” hat. Und natürlich ist es vollkommen ausge- schlossen, dass die Evolution eine Verkrampfung der Herzkranzgefäße „erfunden” hat, um ehrgeizige Manager im einundzwanzigsten Jahrhundert umzubringen.

Wenn so einschneidende Mechanismen existieren, die auch den Tod eines Lebewesens zur Folge haben können, muss mit dem Symptom in irgendeiner Form auch ein Nutzwert verbunden sein. Ist er in der Gegenwart nicht zu finden, müsste er in der evolutionären Vergangenheit existiert haben, sonst gäbe es das Symptom nicht.

Aufgrund dieser Überlegungen kann man folgern, dass der Spasmus der Herzkranzgefäße im Angina pectoris Anfall ein unvollständiges Überbleibsel des Scheintodreflexes ist, der einmal vor langer Zeit eine wichtige Schutzfunktion bei unseren Vorfahren erfüllt hat.

Fehlende funktionierende kollaterale Gefäßverbindungen und eine schlagartige Verengung der Herzkranzgefäße, ermöglichten eine sofortige, drastische und symmetrische Drosselung der kardialen Blutversorgung – mit dem Effekt, dass der zentrale Motor drei Gänge tiefer schaltete und dadurch im Oberstübchen die Lichter erlöschen.

Evolutionäre Anthropologen können sich gut vorstellen, dass die aller ersten menschlichen Frühformen, die im Mensch-Tier Übergangsfeld lebten, eine Existenzform einnahmen, in der sie eher Beute für Raub- tiere waren als Jäger. In einer sich immer offener gestaltenden Savannenlandschaft war es zunehmend schwieriger, Bäume als Fluchtpunkte zu nutzen, zumal ja auch die evolutionäre Entwicklung weg vom Baumbewohner ging. Da der Mensch als Universalist und Non-Spezialist im Laufen den meisten Räubern unterlegen war und ist, ist es gut möglich, dass die Strategie des Scheintodes in den Anfängen der Menschheit sehr erfolgreich war – in ausweglosen Situationen doch noch am Leben bleiben zu können.

Angina pectoris – archaischer Reflex

Im weiteren Verlauf der Evolution – in Jahrmillionen gerechnet – verlor der Scheintodreflex als passive Überlebens- strategie immer mehr an Bedeutung, weil unsere Vorfahren, dank eines sich ständig vergrößernden Gehirns, immer erfolgreicher wurden sich in der Natur zu behaupten.

Evolutionär-psychologische Mechanismen – wie der Scheintodreflex – haben als „Hardware” neurale Schaltkreise im limbischen System des Mittelhirns, die bei Auftreten der entsprechenden Auslöse- situation, Energie in Form zentralnervöser Impulse an die Zielorgane leiten, die reflexartig dann die spezifischen Abwehrreaktionen starten.

Werden durch evolutive Höherentwicklungen diese neurophysiologischen Mechanismen nicht mehr gebraucht oder sind sie sogar hinderlich geworden, dauert es in der Regel dennoch Tausende von Generationen bis die Erbanlagen dafür unwirksam geworden sind. Während dieser langen Übergangs- phase können diese Reflexe durch die ursprünglichen Auslöser immer noch aktiviert werden – aber mit der Zeit immer weniger und immer unvollständiger.

Analog dazu ist unser Blinddarm; heute nur noch klein und funktionslos, lässt er kaum mehr erahnen, wie groß und wichtig er vor ein paar Millionen Jahren einmal gewesen ist. Wir werden der zurückgebildeten Existenz seiner nur gewahr, wenn wir wegen seines Wurmfortsatzes ins Krankenhaus zur Operation müssen.

Der Scheintodreflex – eine drastische Reaktionsweise – ist heute in seinem Überbleibsel beim modernen Menschen zusammengeschnurrt auf eine pathologische Fehlfunktion des Herzkranzgefäßsystems.

Interessant ist bei allen diesen archaischen Reflexmechanismen – und es gibt eine ganze Reihe davon –, dass sie in ihrer ursprünglichen Form geschaffen wurden, um für reale Gefährdungen Lösungen anzubieten. Im Verlauf der menschlichen Entwicklungsgeschichte erweiterte sich das Bedrohungsszenario aber: Zu den gefährlichen Situationen aus der Urzeit – die in späteren Zeiten immer weniger wurden – kamen die mehr ideellen dazu, die heutzutage im Vordergrund stehen.

Denken Sie nur an eine Hausfrau, die ihren Liebhaber bei sich empfangen hat, weil sie den Ehemann auf Geschäftsreise wähnt und nun steht der urplötzlich in der Tür: Vor lauter Schreck fällt sie in Ohnmacht und der anschließende Tumult macht es dem Liebhaber möglich, unerkannt den Ort des Schreckens zu verlassen.

Männer leiden häufiger an Angina pectoris

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… ganz oben… ©alphaspirit/ fotolia.com

Es ist in der Natur ein weit verbreitetes Prinzip, dass die Männchen im Tierreich untereinander sehr stark rivalisieren. Bei solitär lebenden Tieren werden von den Männchen Reviere besetzt und gegen Artgenossen erbittert verteidigt.

In Gruppen lebende Tiere bilden soziale Hierarchien, die sich durch Kampf und Auseinandersetzung strukturieren. Das größte, stärkste und geschickteste Männchen nimmt dabei die Alphaposition ein – für eine gewisse Zeit.

Das männliche Sexualhormon Testosteron ist der Antreiber des Ganzen. Die rangniederen Männchen haben deshalb geringere Blutwerte als ihre Chefs. Das Dominanzstreben des Mannes – im gesellschaftlichen und beruflichen Leben – ist eine 1:1 Umsetzung tierischer Modelle. Deshalb sind unter Männern in mittleren Lebensjahren Angina pectoris Anfälle und Herzinfarkt sehr viel häufiger als bei Frauen. Das ist die allgemeine evolutionsbiologische Erklärung.

 

Erziehung und Angina pectoris

Es gibt aber einen individuellen Faktor, der dieses biologische Risiko eines Mannes sehr vergrößert – seine persönliche Einstellung zu Leistung, Anerkennung und Perfektion. Stammen Männer aus Ursprungsfamilien, in denen Leistung und perfektes Betragen die alleinigen Prämissen für elterliche Anerkennung waren, werden sie im Erwachsenenleben unbewusst versuchen, diese Erwartungen weiter zu erfüllen. Ein übernormal entwickelter Ehrgeiz treibt sie wie besessen dabei an. Ihre Arbeitswut kann gigantische Ausmaße annehmen und nur in der Erfüllung hochgesteckter Ziele ist es ihnen möglich einige Zeit Befriedigung zu finden.

Da ihr Ehrgeiz sie ans Limit treibt und bei allem was sie tun extremer Zeitdruck herrscht, ist die Gefahr des Scheiterns immanent. Die Furcht zu versagen ist im Unterbewusstsein ein ständiger Begleiter. Das im Dauerstress stehende vegetative Nervensystem kommt der Bereitschaft dann immer näher, bei emotionalen Kumulationen den Scheintod-Reflex in Gang zu setzen. Eine Verkrampfung der Herzkranz- gefäße im Angina pectoris Anfall ist demnach immer auch ein körperlicher Ausdruck von Angst.

Oder: Die Eltern eines Angina pectoris Kanditaten vertraten rigide die Meinung, dass es sich nicht ziemt, dass ihre Kinder in der Frühphase ihrer Entwicklung Auseinandersetzungen auch einmal körperlich austragen und sie bestraften sie streng, wenn sie es dennoch taten. Diese Kinder werden im späteren Leben Konflikten aus dem Wege gehen, weil sie es nicht gelernt haben, sich zu behaupten. Sie werden sich bei Zurücksetzungen und Benachteiligungen passiv verhalten und sie werden Angst verspüren, wenn sie gezwungen sind mit anderen zu Rivalisieren. Dieses passive Verhalten und die Furcht einer Sache nicht gewachsen zu sein, kann den Reflex des Scheintod-Mechanismus aktivieren.

Oder: Kinder werden von ihren Eltern so erzogen, dass ihre Reaktionsbereitschaft auf Ausschimpfen und Schläge keinerlei verbale Verteidigungsmaßnahmen zulässt und die Kinder gezwungen sind, Schimpftira- den ohne Wenn und Aber über sich ergehen zu lassen; dann kann es sein, dass die Kinder in solchen Situationen innerlich erstarren, bis das Donnerwetter vorüber ist.

Der evolutionär-psychologische Scheintod-Mechanismus wird bei diesen sich oft wiederholenden Begebenheiten aktiviert und etabliert sich mehr und mehr. Sind Erwachsene im späteren Leben dann immer wiederkehrenden Missbilligungen seitens ihrer Vorgesetzten ausgesetzt oder sind durch Auseinandersetzungen und Rivalitäten mit Kollegen ihre Karrierepläne bedroht, werden sie mit Herzbeschwerden reagieren. Diese können sich bereits durch Vorstellungen von Auseinandersetzungen manifestieren – lange bevor sie die Arbeitsstelle überhaupt betreten haben.

Persönlichkeit und Herzinfarkt

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Das ist ein Kämpfertyp… ©olly/ fotolia.com

Da Angina pectoris Beschwerden sehr häufig auch eine Vorstufe zum Infarkt darstellen, möchte ich an dieser Stelle kurz das Persönlichkeitsprofil skizzieren, das dem typischen Herzinfarkt-Typ entspricht. Schon sehr früh hatten Kliniker und Psychologen erkannt, dass die Persönlichkeit von Herzinfarkt Patienten eine völlig andere ist als die des Neurotikers z. B, der unter seinen Komplexen leidet oder sich in hypochondrisch-zwanghaften Körperbeobachtungen verliert.

Infarktgefährdete sind keineswegs unsichere und verschüchterte Typen, mit Minderwertigkeitskomplexen behaftet, die sie sozial hemmen; sondern – im Gegenteil – sie sind die Macher-Typen, die an vorderster Front „kämpfen”, die ihren Mann stehen, von hohem Pflichtbewusstsein erfüllt und angetrie- ben von Ehrgeiz und Arbeitswut (wie oben bereits erwähnt) – und dabei immer in Hetze und Zeitdruck.

Das Verhalten dieser Risikotypen erscheint sozial überangepasst, d.h. sie geben sich sehr aufgeschlossen und umgänglich; sie gehen auf die Menschen zu und wirken deshalb außerordentlich kontaktfreudig und gesellig.

Das ist aber nur die eine Seite der Münze: Hinter ihrer Fassade verbirgt sich häufig eine rigide Persönlichkeit mit zwanghaften Zügen, die sehr verletzlich ist und auf Kränkungen und Zurückweisungen empfindlich reagieren kann. Man hat gewöhnlich den Eindruck, wenn man solche Menschen näher kennt, dass die ganze „Show” die sie „abziehen” zuforderst darauf ausgerichtet ist, das Gefühl einer Minder- wertigkeit zu kompensieren, das tief in ihnen verborgen ist.

Es ist leicht einsehbar, dass solche Menschen emotional schwer abstürzen können – mehr als andere – wenn sie im Begriff sind eine Beziehung zu verlieren, die ihnen viel bedeutet oder wenn ihnen z. B. ein wichtiges Vorhaben missglückt oder zu missglücken droht. Solche Situationen haben – auf dem Boden einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur – einen unglaublichen Bedrohungscharakter für den Betrof- fenen und deshalb eine große seelische Energie den Scheintodreflex aus grauer Vorzeit zu starten.

Das Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden kann noch durch andere Faktoren erheblich verstärkt werden, die eigentlich jeder kennt, die aber der Vollständigkeit halber trotzdem erwähnt werden sollten. Neben den angesprochenen seelischen Einflüssen sind biologische Faktoren bedeutsam, die eine arteriosklerotische Veränderung der Koronararterien begünstigen können. Dazu zählen: Hypertonie (hoher Blutdruck), erhöhte Blutwerte an Cholesterin und Triglyceriden (Fetten), eine manifeste Diabetes-Erkrankung, Nikotinabusus, falsche Ernährung und Übergewicht, Bewegungsmangel.

Außerdem ist denkbar, dass häufig wiederkehrende Angina pectoris Anfälle – über Jahre und Jahrzehnte – selbst zu Schäden an den Kranzgefäßen führen: Die auftretenden Verkrampfungen könnten zu Ernährungsstörungen der Arterien selber führen, da ihre eigene Blutversorgung dadurch behindert wird. Die möglicherweise sich ergebenden Mikrotraumen könnten zu Entzündungen der Gefäß-Innenhaut führen und zum Einlagern von Fetten und Kalk als körperliche Abwehrmaßnahme auf den entzündlichen Reiz.