Körperliche Adaptationen – Evolutionäre Psychologie

Adaptationen – sinnvolle Anpassungen ans Leben

Als Charles Darwin, der Begründer der Evolutionstheorie, auf seiner Forschungsreise die Galapagos Inseln besuchte, wurde er gleich auf merkwürdige Vögel aufmerksam, die es wohl vor langer Zeit auf diese Inseln verschlagen haben musste. Es waren Verflogene und Versprengte; vom Festland aus einst gestartet, waren sie nicht ertrunken, am Ende eines langen und gefährlichen Ausfluges, sondern hatten das traumhafte Archipel erreicht und auf einer der Inseln eine neue Heimat gefunden – denn einen Weg zurück gab es nicht für sie.

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Darwin Finken sind
Spezialisten… ©Kjersti/ fotolia.com

Das Exil bot den Piepmätzen paradiesische Zustände: Futter ohne Ende und keine Feinde – denn diese waren allesamt in der alten Heimat geblieben. Finken waren es – Körnerfresser –, die sich von den Sämereien der zahlreichen tropischen Gewächse ernährten. Nach und nach hatten sie eine Insel nach der anderen erobert, da die Ent- fernungen dazwischen für Vögel leicht zu bewältigen sind. Dennoch entwickelten sich, relativ abgeschlossen und unter sich, Insel für Insel – ganz allmählich – neue Arten.

Manche von ihnen waren mit absonderlich geformten Schnäbeln ausgestattet, die auf Charles Darwin wirkten wie monströse Spezial- anfertigungen – und das waren sie auch: Denn, um große und harte Samen zu knacken, sind robuste Kneifzangen erforderlich, während winzig kleine Körnchen, versteckt in den Fruchtständen der Pflanzen, Schnäbelchen benötigen, die es mit der Präzision einer Pinzette aufnehmen können.

Adaptationen bieten einen Überlebensvorteil

All dies konnte Darwin beobachten und studieren, und er war klug genug, aus dem was er sah, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die Finken – heute heißen sie ganz allgemein auch Darwinfinken – stammten alle von einem Urpaar ab, das einmal vom Festland her eingewandert war. Die vielen verschiedenen Wirtspflanzen, die sie auf den einzelnen Inseln vorfanden, „zwangen” die Finken, über Zeiträume von Jahrhunderttausenden, ihre Schnäbel zu spezialisieren. So entwickelten sich zahlreichen Unterarten – ausgehend von einer einzigen Ausgangsspezies – als Anpassung an bestimmte Nahrungs- vorlieben.

Am Anfang dieser Entwicklung stand ein Fink, der durch Zufall mit einem Schnabel zur Welt kam, der für manche Samen besser geeignet war, als die herkömmliche Variante. So ein Beißer hatte seinen Kollegen gegenüber einen klaren Vorteil, der sich – letztendlich – in einer größeren Nachkommensschar ausdrückte, weil der verbesserte Schnabel ihm beim Futtersammeln für seine Jungen sehr zugute kam. Im Laufe der „unendlichen” Zeitspannen, die der Evolution zur Verfügung standen, wurden die Finken mit den „schlechteren“ Schnäbeln aussortiert und die mit den „besseren” begünstigt – bis die Samenfresser jene perfekte Schnabelform erreicht hatten, die den Naturforscher so in Verblüffung versetzte.

Schweißdrüsen und Thermoregulation

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Was verdunstet muß nach-
gefüllt werden… ©fotogestoeber/ fotolia.com

Die Funktion der menschlichen Schweißdrüsen stellt eine ebenso erfolgreiche Adaptation dar, natürlich nicht, was den Nahrungserwerb anbelangt. Schweißdrüsen sind eine Anpassung an wechselnde Temperaturverhältnisse im menschlichen Körper.

Unsere Ururahnen waren einst pelztragende Primaten, die auf Bäumen lebten; sie hatten und brauchten keine Schweißdrüsen.

In Jahrmillionen der Anpassung an einen aufrechten Gang, verbunden mit der Erfordernis zum schnellen Laufen – bei der Jagd oder bei der Flucht vor Feinden und Raubtieren – ergab sich ein Problem mit der Thermoregulation.

In der Gluthitze des tropischen Afrikas überhitzten die Körper unserer Urahnen ziemlich schnell; ihrer körperlichen Fitness wurden dadurch enge Grenzen gesetzt. Diejenigen unserer Urahnen, deren Körper durch Zufall – auf Grund einer Mutation – eine gesteigerte Transpirations- fähigkeit aufwiesen, waren klar im Vorteil.

Sie waren durch die eingebaute Kühlung leistungsfähiger bei der Nahrungssuche und beim Kampf und hatten dadurch einen enormen Überlebensvorteil Im Laufe von Jahrmillionen verbesserte sich die Transpirationsfähigkeit unserer Vorfahren immer mehr und führte schließlich zur Herausbildung von gut funktionierenden Schweißdrüsen – so wie wir sie heute alle haben.

Abschließend könnte man sagen, dass auf unsere Ururahnen ein Selektionsdruck lastete, was die Thermoregulation anbelangte und der eine Lösung erforderte. Alle Lebewesen sind übrigens ständig, auch in modernen Zeiten noch, Selektionsdrücken ausgesetzt, die Lebens– oder Fortpflanzungsprobleme betreffen. Diese Selektionsdrücke werden zwar fortlaufend geringer, weil die Evolution ständig „bemüht” ist Verbesserungen vorzunehmen.

Hunderdprozentige Anpassungen sind aber trotzdem extrem selten, weil sie eine viele Millionen Jahre stabil bleibende Umwelt als Voraussetzung bräuchten. Diese Bedingungen sind auf unserer Erde nur in extremen Ökosystemen gegeben, wie z. B. in solchen der Tiefsee. Da hundertprozentige Perfektion praktisch nie erreicht wird, geht Evolution ständig weiter; allerdings in so winzigen Schritten, dass man zeitlebens nichts davon bemerkt.

Eine Mutation steht am Anfang

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Normal sind drei… ©AKI’s Palette/ fotolia.com

Zum Verständnis dieser evolutionsbiologischen Aspekte sei angeführt, dass alle Adaptationen zunächst auf zufällige Weise entstehen: Spontane Änderungen der Erbsubstanz, so genannte Mutationen, stehen am Anfang und treten immer erst bei einem Einzelindividuum in Erscheinung.

Sie verbreiten sich nur dann weiter, wenn sie für den Merkmalsträger mit einem Vorteil verknüpft sind; entweder mit einem, der das Leben verbessert oder einem, der die Fortpflanzungsrate erhöht.

Erst die Selektionsprozesse, die dem nachgeschaltet sind, führen zu einem ver- stärkten Auftreten des betreffenden Merkmals in tierischen oder menschlichen Populationen.

Die Individuen, die das Merkmal nicht haben – die Schlechteren –, fallen durch das Sieb der Evolution. Sie sterben entweder früher oder haben weniger Nachkommen und dadurch werden ihre Gene allmählich aus dem Genpool ausgewaschen und verschwinden.

Nebenprodukte der Evolution

Nicht alle Körpermerkmale die Individuen aufweisen sind echte Adaptationen, d.h. sinnvolle Anpassungen fürs Überleben oder für die Fortpflanzung. Die Evolution „produziert” auch Nebenprodukte, die keinerlei Sinn für einen Merkmalsträger haben, aber als Anhängsel einer sinnvollen Anpassung aufzufassen sind.

Ein bekanntes Beispiel eines evolutionären Nebenproduktes ist der Nabel von Mensch und Tier. Er ist für ein erwachsenes Tier oder einen Menschen ohne jeden Anpassungswert; er ist die Ansatzstelle der Nabelschnur, die einst den Embryo im Mutterleib mit Nährstoffen versorgt hat. Auch evolutionäre Zu- fallsprodukte besitzen viele Lebewesen. Sie können aber nur dann entwicklungsgeschichtlich überleben, wenn sie keine negativen Auswirkungen für ihre Besitzer haben.