Die Ehekrise des Klaus K.
Mit einer Expartner-Zurück-Strategie zum Erfolg – Blog 2
Erklärung
Man muss es leider zugeben – es hilft nichts –, oftmals sind alle Versuche vergebens, eine Beziehung vor dem endgültigen Aus zu bewahren. Die Gefühle der Betreffenden haben sich meist schon lange vor dem großen Knall verflüchtigt. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere, gerade auch im Zwischenmenschlichen. Gegebene Umstände lassen uns oft weiter an Beziehungen festhalten, obwohl wir nicht mehr glücklich sind. Viele machen einfach weiter, weil ihnen zu einem Ausstieg die Kraft fehlt und die Motivation. So verstreicht Lebenszeit; Jahre ziehen ins Land, die sich dunkel aneinanderreihen. Dann, eines schönen Tages, ohne jede Absicht, trifft man einen Menschen und plötzlich tut sich eine bunte Welt vor einem auf – eine Welt, die man für nichts mehr aufgeben möchte und missen.
Dann wird alles in Frage gestellt; dann kommt alles auf den Prüfstand; dann packen viele ihre Koffer – und meistens für immer. Diese Reisenden dann aufzuhalten ist nicht mehr möglich, weil ihr einmal gefasster Entschluss unumstößlich ist. Aber manchmal ist es nicht ganz so krass. Die Beziehung wurde als nicht ganz so „schlecht” erlebt und der Trennungswillige ist starken ambivalenten Gefühlen ausgesetzt. Er möchte weg – einerseits –, andererseits möchte er aber seiner alten Beziehung auch noch eine Chance geben. Er steckt komplett in einer Zwickmühle – es geht weder vorwärts noch rückwärts. Diese ambivalenten Gefühlslagen sind den „taktischen Einwirkungen” einer Expartner-Zurück-Strategie zugänglich, wenn der (Ex)Partner es kapiert, um was es geht.
Trennungswillige haben in solchen Situationen vollständig die Macht über die Beziehung. Ihre Partner, die sie zum Bleiben veranlassen möchten, sind weitgehend ohne jede Macht.
Es ist auf dieser psychologischen Basis unmöglich, dass die „Machtlosen” die „Mächtigen” auf direkte Art und Weise dazu bringen können, ihre Motivationslage zu ändern.
Wenn Sie in so einer Situation sind liebe Leser, lassen Sie es sein, versuchen Sie es erst gar nicht; es wird Ihnen nicht gelingen. Sie könnten Ihrer Angebeteten oder Ihrem Liebsten die Sterne vom Himmel holen – es würde ihnen nichts helfen. Die große Sicherheit und die große Macht die der Andere durch Ihre Liebe hat, machen ihn unfähig angemessen auf Sie zu reagieren. Wenn Klaus K. sich nun für seine Nicole „zerreißt”, tut das zwar ihrem Ego gut und zeigt ihr, dass sie im Begriff ist, einen guten Ehemann zu verlassen, aber es wird ihre romantischen Gefühle für ihn nicht beleben und völlig unmöglich – eine erotische Stimmungslage kreieren.
Vernunft reagiert positiv – Gefühlswelt nicht
Mit seiner „Kämpferei” um die Beziehung bewirkt unser Klaus K. bei seiner Nicole nur merkwürdige Gefühls- und Wahrnehmungsveränderungen, die nicht leicht zu erklären sind – die aber tief greifende Auswirkungen im Schlepptau haben. Da diese innerseelischen Mechanismen eine große Bedeutung für das Thema „Kämpfen um eine Beziehung” haben, möchte ich kurz etwas vertiefter darauf eingehen:
In unserem Gehirn, genauer gesagt in der linken Hemisphäre, existiert ein Hirnbereich der logisch denken kann – unsere Vernunft. Ein anderer Gehirnteil beherbergt die Gefühle – die „Unvernunft” . Normalerweise sind diese Komponenten eine Einheit und geben sich auch so: Alles was der Mensch tut, hat neben einer logischen, rationalen Komponente, auch eine gefühlsmäßige. Aber, in gewissen Situationen kann sich die Gewichtung eklatant verschieben: Wir reagieren dann ausschließlich mit unserer Vernunft, oder gegensätzlich – vollkommen gefühlsbetont.
Für Liebes- und Zweierbeziehungen gilt das oben Gesagte ganz besonders. Kein Normaler wird beispielsweise eine Liebesbeziehung nur aufgrund vernünftiger Erwägungen eingehen. Andererseits haben Beziehungen auch keine Aussicht auf Erfolg, wenn vernünftige Erwägungen völlig außer Acht gelassen werden. Verstand und Herz müssen eben zusammenpassen.
Wenn ein Mann um seine Beziehung kämpft, versucht er seiner abtrünnigen Frau zu zeigen, wie eine Verbesserung ihrer Ehe in Zukunft aussehen könnte. Unser Klaus K. will seiner Nicole eine supertolle Beziehungsperspektive geben, weil er annimmt, dass ihr in der Vergangenheit etwas gefehlt hat und dass dieser Mangel sie dazu gebracht hat, auf einen Anderen anzuspringen. (Obwohl es diese Konstellation natürlich gibt, ist sie trotzdem nicht sonderlich wahrscheinlich. Liebesbeziehungen haben von Natur aus nicht soo lange Laufzeiten, wie wir uns das gerne wünschen würden. Abnutzung und eine schleichende Entfremdung der Paare stellen sich vor allem aufgrund dieser biologischen Disposition ein.)
Wenn Klaus K. sich nun im Kampf um seine Nicole „zerreißt”, mag sie das süß und rührend finden; Liebe und rasende Leidenschaft wird er aber nicht auslösen damit, weil er zum großen Teil nur ihre Vernunft erreicht.
So kann es ein Ehemann schaffen, dass seine Nochehefrau – verzweifelt und unglücklich –, der Busenfreundin am Telefon erzählt, dass der allerbeste Mann auf der Welt ihr eigener ist und dass bei ihr ganz sicher etwas nicht stimmt, weil sie drauf und dran ist, dieses Goldstück in die Wüste zu jagen.
Was diese bedauernswerte Frau so verwirrt ist die Tatsache, dass seine „Kämpferei” zwar seinen „Partnerwert” für sie erhöht, aber gleichzeitig seine romantische Anziehungskraft auf sie vollständig auslöscht.
In anderen Worten: Die Stimme der Vernunft sagt immer lauter „er ist der Richtige!”, während das Herz immer verzweifelter verkündet: „es ist der Falsche!”.
Viele dieser Nochehefrauen sind über ihre emotionalen Reaktionen alles andere als glücklich, da es ihnen am liebsten wäre, wenn sich ihre Gefühle für den eigenen Ehemann wieder verstärken könnten.
Selten sind sie sich darüber im Klaren, dass es vor allem dieses übermäßige Werbeverhalten ihrer Männer ist, das sie gefühlsmäßig so in den Keller fahren lässt – zu angenehm und wohltuend ist einfach das Gefühl, im Brennpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen 😉 .
Klaus K. war erstaunt als er von seinem Berater hörte, dass er an dem kühlen und distanzierten Verhalten seiner Frau nicht ganz unschuldig sei – hatte er Nicole mit seiner „Kämpferei” doch arg in die Ecke „gezwungen”. Das konnte Klaus K. nicht leicht nachvollziehen, ging er doch stets davon aus, dass das Ausdrücken von guten und positiven Gefühlen ihr gegenüber nichts Schlechtes sein konnte. Bisher war er immer der Meinung gewesen, dass man die Gefühle einer Frau verstärken könne, wenn man ihr „Gutes tut”…
Der Internet-Berater forderte Klaus K. aber eindringlich auf, Liebesbekundungen seiner Frau gegenüber erst einmal völlig außen vor zulassen. Nicole wäre im Kopf jetzt ganz woanders und da wäre es unsinnig und kontraproduktiv, ihr andauernd die eigene Liebe unter die Nase zu halten. Im Gegenteil: Nicole müsste langsam erkennen, dass ihr Ehemann – Klaus K. – jetzt selber beginnt, die Fortführung der Ehe infrage zu stellen.
Der Berater wies Klaus K. darauf hin, dass er nun selber auf Distanz gehen müsse, soweit dies in einer ehelichen Wohngemeinschaft möglich ist. Klaus K. sollte ab jetzt seiner eigenen Wege gehen, außer natürlich wenn den Kindern gegenüber Verpflichtungen bestünden. Er sollte versuchen zu Nicole freundlich zu sein, aber auch ein klein wenig distanziert, sodass sein Hunger nach Zuwendung und Liebe nicht so allgegenwärtig für sie wäre.
In einfachen Worten: Klaus K. sollte das „Kämpfen” sein lassen, das er bis jetzt so leidenschaftlich betrieben hatte und so erfolglos. Es war schwer für ihn das einzusehen; zu tief saß die Angst, dass, wenn auch er seine Bemühungen einstellen würde, sie ebenso alles hinwirft. Der Berater bestätigte, dass dies durchaus der Fall sein könnte; aber dann hätte er sowieso nie eine ernsthafte Chance gehabt seine Ehe zu retten.
Erklärung
Man kann als Mann die Gefühle seiner Ehefrau ruinieren durch ein zu Wenig an Engagement in der Beziehung genauso gut wie durch ein Zuviel. Ersteres führt über chronische Unzufriedenheit und Verärgerung irgendwann zu Scheidung und Trennung. Zweiteres verschiebt die Machtstruktur einer Beziehung so eklatant, dass die romantischen Gefühle auf Seiten der Ehefrau verschwinden – einem mehr kameradschaftlichen Zusammengehörigkeitsgefühl Platz machend. Kann die Verflachung der Liebesgefühle nicht akzeptiert werden, steht die Beziehung ebenso vor dem Aus, weil es ziemlich sicher irgendwann zu einem Neuverlieben der Frau kommen wird.
Ist dieser Zustand einmal eingetreten, fühlt sich die fremdverliebte Ehefrau durch die Liebesbekundungen ihres Ehemannes sehr stark unter Druck gesetzt. Im Grunde ist es das Allerletzte, das sie in solchen Situationen von ihm hören möchte, dass er sie lieben wird, bis ans Ende seiner Tage. Männer können durch diese Aussagen allerhöchstens Mitleid bei ihren Nochehefrauen auslösen – oder starke Gewissensbisse. In jedem Fall sind es ganz unangenehme Gefühle, die der Mann da erzeugt; ganz im Gegensatz zum Liebhaber, der für die Hochstimmung sorgt.
Wenn Sie ein verlassener Ehemann sind, dann achten Sie bitte peinlichst darauf, dass Ihre Ehefrau nicht ständig nur negative Emotionen und Unlust an Ihnen fest machen kann. Wenn das andauernd so weiter geht, werden Sie diesen Schwarzen Peter nie wieder los. Es wird dann kaum mehr klappen, dass Ihre Frau irgendwann später wieder positive Gefühle für Sie entwickelt.
Darum müssen Sie die Distanz die Ihre Frau vorgibt, so gut als möglich tolerieren und zusätzlich selber etwas auf Distanz zu ihr gehen – um gleiche Augenhöhe zu erreichen. Diese emotionale „Waffengleichheit” ist unabdingbar, weil erst durch sie das Fundament entsteht, auf dem eine spätere Wiederannäherung stattfinden kann. Wenn Sie dieses Fundament nicht zustande bringen, werden sich niemals wieder romantische Gefühle bei Ihrer Frau entwickeln. Dieses Fundament braucht eine gewisse Stabilität, die sich aber erst mit der Zeit herausbilden kann. Deshalb müssen verlassene Ehemänner – in der Regel – viele Wochen einkalkulieren, um diese psychologischen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Der Internet-Coach hatte aber noch eine andere bittere Pille für Klaus K. bereit: Er musste es zukünftig schaffen, seiner Nicole – ohne Szenen – Ausgang zu gewähren, damit es ihr möglich sein konnte, ihren Liebhaber zu treffen.
Diese Aufforderung fiel ihm natürlich ganz besonders schwer, drehte es ihm doch schon den Magen um, wenn ihr Wägelchen einmal nicht in der Einfahrt stand und er nicht wusste wo sie war.
Erklärung
Das mit der Liebe ist so eine Sache oder besser, das mit der Verliebtheit. Shakespeares Liebesdrama „Romeo und Julia” wäre nicht denkbar gewesen, ohne die großen Hindernisse, die sich dem jungen Glück in den Weg stellten.
Die verfeindeten Elternhäuser der Beiden sorgten für diesen Trouble, der sie schließlich auf Gedeih und Verderb aneinanderkettete – bis in den Tod.
Verliebtheit und Sehnsucht können nämlich eklatant gesteigert werden, durch Schwierigkeiten und Probleme, die es einem Paar erschweren zusammenzukommen. Manchmal zerbricht eine Liebe daran – oft wächst sie aber dadurch erst ins „Unermessliche”.
Hätte man Romeo und Julia einfach gelassen – gut möglich –, sie wären selber dahinter gekommen, dass sie auch ohne einander existieren können 😉 . Erst der gigantische Druck von außen hat sie so zusammengeschweißt und blind gemacht eigenen Fehlern und Unzulänglichkeiten gegenüber.
Fühlen sich zwei zueinander hingezogen, kann so ein „Romeo-und-Julia-Effekt” als Verstärker immer eine gewisse Rolle spielen. Außerhäusige Liebschaften können – durch soziale Ächtung –, eine Jetzt-Erst-Recht-Mentalität entwickeln, die eine starke Bindungskraft entfalten kann.
Wenn Kummer und Gram gebeutelte Ehemänner von mir aufgefordert werden, dem „schamlosen” Treiben ihrer besseren Hälften ihren Segen zuerteilen, habe ich diese Effekte dabei im Auge; bzw. ihre Verstärkerwirkung, der auf diese Weise die Spitze genommen werden soll.
Natürlich bin ich mir dabei im Klaren, das diese Kröte für gehörnte Ehemänner schwer zu schlucken ist und noch schwerer zu verdauen. Aber es hilft nichts, je besser sie das auf die Reihe kriegen, desto eher besteht die Chance, dass die Affären ihrer Frauen den Alltagstest nicht bestehen.
Klaus K. rüstet auf
Klaus K. wurde vermittelt, dass es zur emotionalen Distanzierung nicht ausreicht, wenn er hin und wieder die Einsamkeit seines Forellenbächleins aufsucht – weil das keine wirkliche Alternative zu den berauschenden Dates ist, die sich sein Eheweib ab und an gönnt.
Wenn er für seine Frau wieder attraktiv werden wolle, müsste er sein Leben radikal ändern; je radikaler desto besser. Diese Vorstellung war ihm wieder leichter zu vermitteln, hatte er doch schon selber vorgehabt wieder etwas Sport zu treiben und mehr unter Menschen zu gehen.
Die Forellen blieben also am Leben – außer seine Kumpels haben sie alle gefangen – und Klaus K. fing an sich „aufzurüsten”. Fitness in einem Studio war angesagt, danach Solarium und Smalltalk mit den Damen an der Bar. Und Klaus K. machte sich gut. Im Grunde war er von Haus auf ein attraktiver Mann, der nur durch den Alltagstrott seiner Ehe ein bisschen „schläfrig” geworden war.
Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass es emotionale Abstürze natürlich während der Beratung hin und wieder gegeben hat. Wenn er die Kids beaufsichtigte und wusste, dass sie bei ihm war, wurde er manchmal ganz verrückt vor Kummer, Wut und Enttäuschung. Die Telefonate mit seinem Internet-Coach schafften es aber Gott sei Dank immer schnell, ihn wieder aus diesen Löchern herauszuholen.
Und tatsächlich fing er sogar an, so etwas wie Spaß an seiner erzwungen Freiheit zu finden: „Fernsehen gibt es für mich schon seit Wochen nicht mehr”, bemerkte er einmal lachend am Telefon.
Aber dann kamen wieder diese dunklen Löcher, die ihn regelrecht aufsaugten. Vor allem einmal, als seine Frau mit ihren beiden Kindern einen Ausflug mit dem „Neuen” machte, und die Kids ganz begeistert darüber waren, was der Kai alles mit ihnen anstellte. Klaus K. hatte das Gefühl, dass der Andere drauf und dran war, auch noch seine Kinder für sich einzunehmen.
Einmal musste sich sein Berater sogar heftige Vorwürfe anhören, weil er Klaus K. eingeschärft hatte, kein böses Wort mehr über den Kai zu verlieren; seiner Frau gegenüber nicht und den Kids gegenüber erst recht nicht. Klaus K. meinte sarkastisch, dass diese kooperative Art sich noch einmal als ein schwerer Fehler für ihn entpuppen wird.
Erklärung
In solchen Trennungsszenarien sind die Kinder oft die großen Verlierer. Die Großen benutzen oft bewusst oder unbewusst die Kleinen als Waffe, um sich gegenseitig zu treffen. Kinder als Spielball zwischen den Fronten eines Ehekrieges sind das Unglücklichste, das man sich vorstellen kann. Ich habe es erlebt, dass Kinder, sogar von pädagogisch Vorgebildeten, als Hebel benutzt wurden, um der Gegenseite zu schaden. So etwas muss unter allen Umständen vermieden werden. Kinder können durch so etwas seelisch geschädigt werden und dann darunter leiden – ein Leben lang. Es ist verständlich, dass ein frustrierter und gehörnter Ehemann seinen Rivalen eins auswischen möchte, wann immer sich die Gelegenheit dazu ergibt. Dieser Versuchung sollte man aber widerstehen, so weit es einem möglich ist.
Will man ihn in den Augen der Ehefrau schlecht machen, vermittelt man ihr nur, wie wichtig man ihn nimmt und wie sehr man unter der Situation leidet. Beides ist nicht dazu angetan die Nochehefrau zu beeindrucken, weil es schwach und jämmerlich auf sie wirkt. Ich weiß sehr verehrte Leser, wie unheimlich schwer es ist, in solchen Situationen die Kontrolle über seine Gefühle zu behalten, weil die natürlich alles andere wollen, als „ruhig” zu bleiben.
Manchen helfen in solchen Situationen Methoden, die auf den Prinzipien des mentalen Trainings aufbauen, und die geeignet sind, die Selbstkontrolle zu verbessern. Literatur zu diesen Themen gibt es genügend.
Wie dem auch sei, Sie müssen es schaffen – egal wie – gute Miene zu einem bösen Spiel zu machen!
Die drastischsten Effekte auf die Gefühlswelt einer abtrünnigen Ehefrau habe ich erlebt, wenn sich die Ehemänner selber in eine Andere verliebt hatten. Dies wirkte manchmal phänomenal, natürlich nur dort, wo der eigene Ehemann noch irgendeinen Stellenwert für seine Frau verkörperte. Die mentale Ausstrahlung so eines Mannes – in seiner Authentizität – ist mit keiner Strategie zu erreichen, weil kaum einer diese Gefühlslage so perfekt darstellen kann, wie ein echt Verliebter.
Aber, wenn Sie sich diese Tatsachen vor Augen halten, hilft es Ihnen vielleicht, so überzeugend wie nur möglich zu erscheinen.
Die Wochen zogen ins Land, Klaus K. schlug sich tapfer, pflegte seine außerhäusigen Aktivitäten, machte „sein Ding” wie man so schön sagt, d. h. er schaute auf sich und darauf, dass es ihm gut ging. Er kümmerte sich um seine Kinder, kaufte ein neues Auto, ließ seiner Frau ihren Freiraum – aber weiter passierte nichts. Seine Frau schien sich mit der Situation einigermaßen arrangiert zu haben. Sie traf weiterhin ihren Liebhaber und nichts deutete darauf hin, dass sich in absehbarer Zeit daran etwas ändern würde. Nicole hatte ihr „Familienleben” gerettet, weil Klaus K. auf anraten es wirklich schaffte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Er distanzierte sich zwar von ihr, aber hin und wieder machte er mit allen Dreien einen richtig guten Familientag, an dem alle ihren Spaß hatten. Nicole hatte – mit Abstrichen – ihren Ehemann „behalten” und noch dazu einen tollen Lover – für die aufregenden Stunden.
Klaus K. beklagte sich eines schönen Tages bitterlich, dass nichts vorangehen würde, und dass ihm die Situation zusehends mehr zuschaffen macht. Sein Internet-Coach deutete an, dass diese Entwicklung vorhersehbar gewesen sei und verwies darauf, dass er ihm ganz zu Anfang vorgeschlagen hatte auszuziehen, um einen echten „Cut” zu setzen, weil eine wirkungsvolle Distanzierung im gemeinsamen Haushalt nicht so leicht gelingt. Klaus K. lehnte dies damals mit der Begründung ab, seinen Rivalen nicht auch noch freie Bahn schaffen zu wollen.
Die Sache mit Katja
Der Internet-Coach forderte Klaus K. nun auf, sich Gedanken darüber zu machen, wie er eine Freundin aus dem Hut zaubern könnte – um Nicole stärker provozieren zu können. Klaus K. hatte nämlich schon öfters bemerkt, dass seine Frau neugierig nachfragte, „wer denn angerufen habe” oder „wo er denn hingehen wolle” bzw. „wo er denn gewesen wäre”.
Klaus K. mutmaßte, dass es seiner Nochehefrau gar nicht in den Kram passen würde, wenn er auch eine Neue hätte oder nach einer Ausschau halten würde. Der Berater meinte, dass es nur diese Schiene gäbe, um Bewegung in die eingefahrene Situation zu bringen. Aber, wo eine Frau so schnell hernehmen?
Hier kam Klaus K. der Zufall zu Hilfe. Katja hieß das Goldstück! Katja war so etwas wie Klaus K.s Jugendliebe. Katja lebte in einem Städtchen 40km entfernt und war glücklich verheiratet. Ihr Ehemann war gerade für ein halbes Jahr nach USA abgereist, um an einem Forschungsvorhaben teilzunehmen. Katja willigte mit großer Freude ein die Freundin von Klaus K. zu spielen; auch über eine längere Zeit. Nicole, Klaus K.s Nochehefrau, kannte Katja nicht persönlich, auch über ihre Lebensumstände wusste sie nichts. Sie wusste nur, dass eine gewisse Katja einmal im Leben ihres Mannes eine große Rolle gespielt hatte. Die beiden arrangierten nun Telefonanrufe und gelegentliche Treffs. Der Internet-Berater wies Klaus. K. ausdrücklich darauf hin, dass er sehr darauf achten solle, mit Katja nicht zu dick aufzutragen, sonst wirke das Ganze nicht authentisch sondern inszeniert. Er dürfe die „Katja” nur behutsam ins Spiel bringen und nur vorsichtig einsetzen, um die Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden. Es wäre am Besten, diese Liebschaft „heimlich zu beginnen” und Nicole erst ganz langsam damit zu konfrontieren.
Erklärung
Nicole K. ist, wie oben schon angemerkt, in einer komfortablen Situation. Ihr Mann Klaus. K. scheint es zu akzeptieren, dass es diesen Kai in ihrem Leben gibt. Als die Sache herauskam, war es ein riesen Drama und Klaus K. kämpfte wie wahnsinnig um sie. Das hat ihr einerseits sehr gut getan, weil sie sich wichtig und bedeutsam dabei fühlte; zwei Männer, die sich um ihre Gunst bemühten – das hat es ewig schon nicht mehr gegeben. Im Stillen hat ein Teil von ihr sogar gehofft, dass ihr Ehemann der Sieger werden könnte; ernstlich daran geglaubt hat sie aber nicht.
Nicole K. ist unter Druck
Unangenehm – sehr sogar – war die Erwartungshaltung von Klaus K., die sie mit ihren feinen Antennen schmerzhaft registrierte. Sie hatte den Eindruck, dass vieles was er tat – wenn nicht alles – nur darauf ausgelegt war, wieder Interesse bei ihr zu wecken. Wenn sie solche Absichten zu erkennen glaubte, „verging” es ihr restlos und eine starke Abneigung machte sich in ihr breit. Sie verspürte seine „liebevollen Versuche” ihre Ehe zu verbessern, als in Szene gesetzte Manipulationen, mit dem Ziel, sie gefühlsmäßig wieder zu binden. Starke rebellische Kräfte in ihrem Inneren setzten sich heftig dagegen zur Wehr.
Wenn er mit seinen Kindern etwas machte, hatte sie immer ein gutes Gefühl; da merkte sie ehrliches Engagement und eine tiefe selbstlose Liebe. Oft standen ihr Tränen der Rührung in den Augen, wenn sie heimlich solche Szenen beobachtete. Dann konnte sie es sich wieder gar nicht vorstellen, dass es Klaus K. in ihrem Leben einmal nicht mehr geben sollte. Aber Nicole K. hatte auch eine etwas kindlich naive Seite, die ihr sagte, dass irgendwie schon alles gut werden wird – so oder so. Eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit dieser unerträglichen Situation vermied sie tunlichst; so spürte sie ihr schlechtes Gewissen nicht; und es gab keine trüben Gedanken, die ihr die Freude an ihrer Affäre vermiesten.
Als Klaus K. von heute auf morgen sein starkes Engagement zurücknahm und etwas auf Distanz zu ihr ging, war ihr das gar nicht so unrecht: Der kollosale Druck war plötzlich weg, seine „Freundlichkeiten” mit ebensolchen beantworten zu müssen. Aber etwas unwohl war ihr doch: Könnten diese Anzeichen nicht auch bedeuten, dass seine Liebe zu ihr auf dem absteigenden Ast ist? Dies wäre ihr alles andere als Recht gewesen, wollte sie doch die Option behalten – zu gegebener Zeit – eine Entscheidung zu treffen: Für ihre Ehe oder dagegen.
Nicole wäre keine clevere Lady, verfügte sie nicht auch über jene unheimliche Wahrnehmungsfähigkeit, die es erlaubt, Gefühlszustände und Stimmungslagen ihres Ehemannes zu scannen. Diese Tests, die sie hin und wieder einstreute, beruhigten sie völlig: Klaus K. liebte sie immer noch, hält sich aber klugerweise zurück und wartet auf bessere Zeiten – im Grunde wie sie auch.
Nicole K. wird misstrauisch
Aber als sie einmal den Telefonhörer abnahm und eine gewisse Katja am Apparat war, die ihren Klaus verlangte, war ihr urplötzlich ganz komisch. Die nette Person verspürte das sofort und outete sich als uralte Schulfreundin von Klaus. Katja entschuldigte sich, dass sie jetzt womöglich für Irritationen sorgte, aber das alles sei ganz harmlos und gehe lediglich um ein Klassentreffen und um einen passenden Termin dazu.
Nicole hatte trotzdem ein ungutes Gefühl. Sie spürte genau, dass diese Dame jetzt nervös war, weil die Ehefrau am Apparat war. Ihre schnelle etwas hektische Sprechweise war ein eindeutiges Indiz dafür. Die Erklärung, „dass alles ganz harmlos sei”, würde man ja auch nicht machen, wenn da nicht irgendetwas dahinter stecken würde. Diese Frau wollte ihr ein X für ein U vormachen – das merkte sie ganz genau –, sie war ja nicht blöd 😉 ! Als sie Klaus K. von dem Telefonat erzählte, konnte sie nur schwer ihrer Stimme einen neutralen Tonfall geben.
Klaus K. registrierte erstaunt, wie Nicole auf Katjas Anruf reagierte. Er und seine Komplizin hatten nämlich vereinbart, dass Katja einen „harmlosen Anruf” tätigen solle, um der Ehefrau ihre Existenz zu demonstrieren. Wegen dieses Anrufs und dem Klassentreffen wurde er abends noch regelrecht gelöchert von Nicole: „Aber was hat denn diese Frau damit zu tun; sie ist ja um einiges jünger; in einer Klasse warst du mit der doch gar nicht”, waren neugierig ihre Fragen. „Aber mit ihrer Schwester und jetzt wollen die ein Treffen abhalten, mit mehreren Jahrgängen und den alten Klasslehrern samt Rektor”, war die Antwort von Klaus K. Dann musste er noch die Begebenheit schildern, die zum Kontakt mit dieser Katja geführt hatte. Gott sei Dank war er darauf gut vorbereitet und so spulte er flüssig und plausibel seine Erklärungen ab. Allerdings konnte er sich das Nachfragen nicht verkneifen, warum denn das alles von so brennendem Interesse für sie ist. „So halt”, war ihre lakonische Antwort.
An diesem Abend ging es Klaus K. so gut wie schon lange nicht. Er war erfreut und erstaunt – war es doch Eifersucht gewesen, das da in seiner Nicole aufgeblitzt ist; Eifersucht auf eine alte Bekanntschaft, die sie nie zuvor gesehen hatte. „Eigentlich unglaublich”, ging ihm durch den Kopf, „im Grunde sogar eine richtige Frechheit; sie, die sich ganz offen einen Liebhaber leistet, stellt eindringliche Fragen wegen einer Anruferin für mich.”
Klaus K. setzte sich später zufrieden seine Kopfhörer auf und hörte Musik – das macht er oft, wenn er gut drauf ist. Nicole warf einen ganz komischen Blick in seine Richtung…
Der Internetcoach wies Klaus K. an, Katja einstweilen mit keinem Wort mehr zu erwähnen und Nicole gegenüber weiterhin freundlich und zuvorkommend zu sein – aber auch distanziert. Es sei jetzt ganz besonders wichtig, eine gute Grundstimmung zu demonstrieren, sodass seine Ehefrau verstärkt die Vorstellung gewinnen könnte, dass er sich emotional gefangen hat und nicht mehr so grässlich unter der unmöglichen Situation leidet. Und Klaus K. spielte seine Rolle gut – besser denn je – denn der kleine Eifersuchtsanfall seiner Nicole hatte ihn Auftrieb gegeben und Hoffnung.
Erklärung
Das Problem all dieser Verhaltensstrategien ist immer dasselbe: Ein verzweifelter Verlassener muss – um Erfolg zu haben – eine gewisse Rolle spielen. Er muss die Gemütsverfassung eines nicht mehr Interessierten bzw. eines Entliebten simulieren. Dies soll verhindern, dass seine starken Gefühle die schwachen des Anderen restlos auslöschen.
Sich mit Liebesbekundungen zurückhalten und kein Überengagement an den Tag legen, das können die Meisten mit ein wenig Selbstdisziplin gerade noch schaffen. Aber leider genügt das in aller Regel nicht! Um wirklich glaubhaft zu wirken und „authentisch”, müssten die Verhaltensweisen noch den Anstrich von Lockerheit und Gleichmut bekommen.
Sehnsucht, Trauer oder Wut spiegeln sich aber unweigerlich in den Augen der Verlassenen und signalisieren den Expartnern, wie bedeutsam sie immer noch für sie sind. Diese unbewussten Körpersignale abzustellen ist nahezu unmöglich, da sie nicht unserer Willkürmotorik gehorchen. So kann es eine verlassene Ehefrau z. B. schaffen, sich ihrem Ex gegenüber heiter und gelöst zu geben – vor „Selbstbewusstsein” nur so strotzend. Aber die in ihren Augen liegende Traurigkeit und Melancholie kann sie nicht verbergen. Dieser Ausdruck steht nun seltsam irritierend im Kontrast zu ihrer gespielten Lockerheit.
Diese Problematik wird für die Verlassenen wesentlich geringer, wenn es gelingt, das ungünstige emotionale Gleichgewicht ein wenig zu ihren Gunsten zu verschieben. Schon ein kleines bisschen Eifersucht auf der anderen Seite kann z. B. ausreichen, sich nicht mehr ganz so unbedeutend zu fühlen und so hilflos. Diese kleinen Geländegewinne können durch eine beratende Unterstützung nach und nach weiter ausgebaut werden. Ist erst einmal ein Anfang gemacht und hat eine positive Rückkopplung durch den Ex eingesetzt, schaffen es manche auch alleine, dieses Spiel weiter zu treiben, um noch mehr Sicherheit, Stärke und emotionale Autonomie zu erlangen – unverzichtbare Attribute für einen Neustart der Beziehung.
Als Klaus K. Nicoles eifersüchtige Besorgnis verspürt, ist er innerhalb von Minuten um Zentimeter gewachsen 😉 . Das Geplänkel um diese „Katja” bestreitet er deshalb mit einem völlig veränderten emotionalen Background: Plötzlich kann er pointieren, kleine seelische Stiche versetzen und sich locker als Herr der Situation geben – weil sie es jetzt ist, die bohrt, frägt und wissen will.
Zehn Tage später, an einem Freitag, war der Tag des „Klassentreffens”; die zwei Kinder waren bei Oma und Opa, Nicole hatte sich mit Kai verabredet und Klaus K. ist in die Nachbarstadt gefahren, um die Zeit rumzukriegen.
Beim Frühstück erkundigte sich Nicole anderntags beiläufig, „wie es denn gestern so gewesen war”. Das große Interesse von neulich schien verflogen zu sein; Katja erwähnte sie mit keinem Wort. Klaus K. fühlte sich sofort wieder schlechter. Sein Internet-Coach beruhigte ihn: „Sie hat Katja schon wieder etwas vergessen”, so seine Aussage, „aber, das wird sich ja bald ändern”.
Am nächsten Morgen, es war Sonntag, tönte um 10 Uhr 30 sein Handy: SMS. Nach zweimal Mal hin und her mailen, sagte Klaus K. zu Nicole, dass er jetzt zum Mittagessen leider nicht zuhause sein wird, weil ihn sein Freund Henry überredet hat mit zur Anglerbörse nach X zu fahren. Etwas erstaunt bemerkte Nicole wie ihr Nochehemann „große Toilette” machte; mit allem Drum und Dran. „Man hat ja den Eindruck du bist auf ein Staatsbankett eingeladen – so wie du dich herausputzt”, war etwas spöttisch ihre Bemerkung. Solche kleinen Giftigkeiten schienen Klaus K. aber in seiner aufgekratzten Stimmung gar nicht zu tangieren. Mit betonter Überfreundlichkeit ging er auf dieses und jenes ein, das ihr ständig noch einfiel. Schon bei der Tür hinaus hielt sie ihn abermals auf und bat um einen „ganz kleinen Gefallen”, der ihn einige Minuten seiner Zeit kostete. Klaus K. hatte den Eindruck, dass sie ihn gerade jetzt mit Beschlag belegen wollte – wieso und weshalb war ihm schleierhaft.
Gegen Abend bekam er von Nicole einen Anruf aufs Handy, den Katja augenzwinkernd quittierte, und bei der es ihr um eine Belanglosigkeit ging, die sie Klaus K. offensichtlich unbedingt mitteilen musste. Zum Abschluss kam noch die Frage, wann er denn wieder zuhause wäre, damit sie sich danach richten könne und ob er was zum Essen wolle, wenn er käme…
Der Internet-Coach war zufrieden mit dem Ablauf des Tages; sehr sogar. Wichtig ist, und das betonte er immer wieder, dass Klaus K. weiter seine „Beziehung” zu Katja in aller Heimlichkeit pflegt; mit SMS-Wechseln, die einen leicht konspirativen Charakter tragen und Telefonaten, die auch einmal abrupt enden, wenn es die Situation erfordert. Das Ganze müsste so arrangiert werden, dass allmählich Nicoles Neugier geweckt würde. Sie sollte sich Gedanken darüber machen, ob Klaus K. jetzt ein Techtelmechtel mit dieser Katja hatte oder nicht. Finge sie darüber zum Grübeln an, weil sie unbedingt Klarheit haben wollte, würde sie Gedankenarbeit in eine Sache investieren, die ihren Mann beträfe. Dies wäre günstig, um ihre Gefühle für ihn zu verstärken… Klaus K. sollte diese Inszenierungen aber nicht übertreiben und stets versuchen ihnen einen harmlosen Anstrich zu geben – dies würde sie dann ganz besonders misstrauisch machen.
Erklärung
Alle Frauen sind ihrer Natur nach sehr neugierige Wesen 😉 ! Etwas zu ahnen oder zu vermuten, kann sie innerlich sehr stark beschäftigen. Sie machen sich dann ihre Gedanken darüber und versuchen den Geheimnissen auf den Grund zu gehen. Wenn dies nicht möglich ist, wird weiter Information gesammelt und Gedankenarbeit geleistet. Dadurch kann eine gewisse Eigendynamik entstehen, die beachtliche Ausmaße annehmen kann.
So führen wiederholte geistige Auseinandersetzungen über ein und dieselbe Problematik – durch mentale Rückkopplungsschleifen – zur Intensivierung der begleitenden Emotionen. Das ist das Kernelement einer jeden Gefühlsverstärkung.
Wenn Klaus K. seine Frau – von heute auf morgen – mit der Existenz einer Freundin konfrontieren würde, wäre das für sie vermutlich eine Art Schock, den sie erst einmal verdauen müsste. Aber, so eine „Schockwirkung” kann auch schnell wieder verpuffen und mehr oder weniger rasch in eine Akzeptanz des Gegebenen münden. Tiefer gehende und länger anhaltende Verlustängste sind so eher nicht auszulösen.
Geheimnisvoll sein und Neugier erzeugen
In dieser Hinsicht kann man sich einiges von der Filmindustrie abgucken: Hollywood-Regisseure verstehen es meisterlich mit ihren Blockbustern das Kinopublikum zu fesseln. Langsamer Aufbau der Handlung und ein schrittweiser Anstieg der Spannung sind die Elemente moderner Film-Dramaturgie.
Erst die allmähliche Entwicklung eines Spannungsbogens macht es möglich, dass der Zuschauer wie magisch in die Handlung dieser Streifen hineingezogen wird. Nur wenn Verzögerungen und Unvorhersehbarkeiten mit von der Partie sind, erreichen die Gefühle unserer menschlichen Spezies ungeahnte Größen.
Wenn Sie, sehr verehrte Leserinnen und Leser, ihre Partner ähnlich „fesseln” wollen, müssen Sie sich dieser Dramaturgie bedienen 😉 !
Bei unserer lieben Nicole K. wurden diese Effekte planmäßig hervorgerufen – durch eine ausgeklügelte Strategie und eine hervorragenden Umsetzung.
Als damals Katja wegen dem Klassentreffen angerufen hatte, war sie etwas beunruhigt, weil sie wusste, dass Katja einmal die Jugendliebe ihres Mannes gewesen ist. Danach verblasste dieser Effekt wieder, aber in ihrem Unterbewusstsein blieb die Sache natürlich „hängen”. Die Kurzmitteilungen zwei Tage nach dem „Klassentreffen” und sein „komisches Verhalten”, als er sich angeblich mit Henry verabredete, führten zur raschen Vertiefung und Verstärkung ihrer ehemaligen Befürchtung; plötzlich schrillten in Nicole K. alle Alarmglocken und sie wusste nicht einmal so recht warum 😉 !
Als er sich sonntags so gut gelaunt herausputzte, wollte sie seine Gefühle durch allerhand kleine Tests überprüfen: Er sollte ihr die eine oder andere kleine Frage noch beantworten, bevor er das Haus verließ oder noch ganz kurz etwas erledigen usw. Nicole checkte damit ihre Einflusssphäre auf ihn – sie wollte prüfen, inwieweit sie noch Macht über ihn hatte. Aber sie gelangte zu keinem befriedigenden Ergebnis. Nicole bekam den Eindruck, dass seine gute Laune so dominant sei, dass nichts sie eintrüben konnte. Klaus K. reagierte nämlich betont fürsorglich und verständnisvoll auf ihre lästigen kleinen Bitten, aber in einer Art, die ihr gar nicht schmeckte: Mit übertriebener Höflichkeit und Besorgtheit, so wie Erwachsene sich Kindern zuwenden, die mit etwas nicht zurecht kommen.
Nicole K. macht sich Gedanken
Nicole fing nun an ihren Klaus zu beobachten – um endlich Klarheit zu bekommen. Die Verhaltensstrategie war aber so aufgebaut, dass ihr manchmal „unbewusst” signalisiert wurde, dass ihre Befürchtungen unbegründet sind. Ein andermal wiederum „ertappte” sie ihn „zufällig” bei einer „Heimlichkeit” und dann war ihr sonnenklar, dass da doch etwas ist. Anderntags war sie schon wieder nicht mehr so sicher und meinte, sich das alles nur einzubilden.
Schließlich war sie so verwirrt, dass sie nicht mehr wusste, was sie glauben sollte. Natürlich sprach sie ihn darauf an, aber er fragte „frech” zurück, ob sie denn meinte, auf diese Frage ein Anrecht zu haben. Nach Augenblicken ihrer Verwirrung sagte er dann – mit einem breiten Lächeln im Gesicht –, dass es niemanden in seinem Leben geben würde und dass er sie schon rechtzeitig davon in Kenntnis setzen würde, wenn er eine Trennung wollen würde… Nicole kannte ihren Klaus K. so nicht…
Sie glaubte, dass er seine Liebschaft verheimlichen wolle, um vielleicht irgendwann – unbelastet – mit ihr wieder einen Neuanfang zu starten; dann, wenn das mit ihr und Kai vorbei wäre. Was aber, wenn er sich schließlich in diese Katja wieder so verlieben würde wie in seiner Jugendzeit? Dann stellt er ihr vielleicht den Stuhl vor die Tür, gerade dann, wenn sie zurück zu ihm wollte. An diesen Gedanken dachte sie nämlich in letzter Zeit häufiger. Eigentlich machte sie sich um ihren Ehemann zurzeit mehr Gedanken als um ihren Liebhaber. Zweimal schon sagte sie Dates mit ihrem Kai ab, weil sie nicht in der richtigen Stimmung dazu war… Der verstand sie natürlich gar nicht und machte Druck…Ihre Antwort war: Irgendwie wird mir das Alles zuviel in letzter Zeit 😉 !
Daumenschrauben werden angezogen
Der Internet-Coach hatte, wie der Regisseur eines Hollywoodfilms, die nächste Steigerungsstufe im Auge: Nicole müsste jetzt einmal erfahren, dass es wirklich eine Andere gibt in Klaus K.s Leben; aber nicht durch Klaus K. selber, sondern von dritter Seite. Aber wie könnte man das arrangieren? Hier kam der Zufall zu Hilfe, in Gestalt eines Telefongespräches, das Nicole mit einer Tennisfreundin führte. Zwischen Tür und Angel bekam Klaus K. mit, dass der Schwager der besagten Dame in einem bestimmten Restaurant seinen Geburtstag feiern wird. Das war die Gelegenheit: Klaus K. bestellte einen Tisch nahe des Nebenraumes, in dem die Geburtstagsfete steigen sollte.
Beide waren sie nervös – Katja und er –, galt es doch nun ein Liebespaar zu sein. Händchenhaltend bei einem Glas Roten, warteten sie darauf entdeckt zu werden. Und es passierte! Die Freundin blickte verdutzt und verstört und wandte sich dann abrupt Richtung Toilette. Beim Retourweg saß das „Liebespaar” artig ein Stück weit weg voneinander und tat verlegen. Aber die Andere hatte genug gesehen; noch im Lokal zückte sie ihr Handy und wählte zittrig Nicoles Nummer…
Als Klaus K. nach Hause kam, saß ruhig, eisig und blass seine Frau im Fernsehsessel. „Anscheinend weißt du es schon” war seine Eröffnung, „ich war mit Katja ein Glas Wein trinken und da war plötzlich diese Doris… Ich weiß nicht was sie dir erzählt hat, aber da war nichts weiter dabei; und außerdem bin ich dir keine Rechenschaft schuldig, mit wem ich meine Zeit verbringe”. Ein Wort gab das andere. Obwohl Klaus K. alles andere als wütend werden wollte – weil ja im Grunde alles nach Plan lief – wurde er es dennoch. Sein ganzer Frust kam wieder hoch: „Sie war ja diejenige gewesen die fremdging; wegen ihr ging es ihm so dreckig; um ihre Liebe wieder zu erringen machte er diese ganze Schei…; wie konnte sie es überhaupt wagen ihn derart anzugreifen”.
Da die Kids bei den Großeltern schliefen, schenkten sie sich nichts an diesem Abend, die Eheleute Nicole und Klaus K…Das Ganze gipfelte in der Aussage von ihm, dass er ab morgen in einem möblierten Zimmer seine Unterkunft haben würde; außerdem erklärte er seine Ehe für beendet…
Klaus K. zieht aus
Am anderen Tag telefonierte er mit seinem Internet-Coach und beichtete das Aus-Dem-Ruder-Laufen der ganzen Geschichte. Der schien mit der Entwicklung aber alles andere als unzufrieden zu sein. Diesen Optimismus konnte Klaus K. nun absolut nicht teilen. Heftige Angst packte ihn, gerade das Gegenteil von dem zu erreichen, was er eigentlich wollte. Er bereute schon den Coach überhaupt engagiert zu haben. „Mag sein, dass diese Spielchen bei Anderen vielleicht funktionieren, aber bei mir, da wird der Schuss nach hinten los gehen”, waren seine unausgesprochenen Gedanken. Der Berater verspürte seine Missstimmung und bat Klaus K. Katja möge ihn anrufen und ein Gespräch mit ihm haben. Sie war es dann auch, die ihn wieder aufrichtete und zum Weitermachen motivierte.
Klaus K. grübelte sich wegen seines angekündigten Auszuges „zu tote”. Er war schon wieder soweit, dass er lieber bleiben wollte, als diesen Schritt zu wagen. Aber Katja und der Internet-Coach blieben hart: Er muss das jetzt tun und durchziehen…
Das mit den Kids gab das nächste Drama: Sie beruhigten sich erst, als Klaus K. ihnen vermitteln konnte, dass sie dann zwei Wohnungen hätten und sie einmal hier und einmal da schlafen konnten. Die Umdeutung seines Auszuges in eine eher abenteuerliche Geschichte brachte für die Kinder dann eine erträgliche Wendung des Dramas.
Natürlich entsprach ein möbliertes Zimmer nicht so deren Erwartung, aber als sie in der zweiten Nacht bei ihrem Papi auf am Fußboden schlafen durften, war das Ganze irgendwie schon etwas Feines für sie…
Erklärung
Wenn eine Ehe so auf Messers Schneide steht, wie die von Klaus K., dann ist die emotionale Distanzierung des Verlassenen von seinem Partner die oberste Prämisse. Diese Distanzierung ist am Wirkungsvollsten durch eine räumliche Trennung des Paares zu erreichen. Die relative oder absolute Kontaktlosigkeit, die eine solche Situation mit sich bringt, verbessert automatisch die Machtbalance dieser gestörten Beziehungen – wenn Verlassene sich einigermaßen richtig verhalten.
Wie jeder einsehen wird, kann ein möglicher Neustart dieser „angeknacksten” Beziehungen nur dann erfolgen, wenn die Partner wieder eine gemeinsame emotionale Ebene finden. Oder, wenn sie annehmen, dass so eine gemeinsame Ebene bei ihnen existiert. Oder noch präziser: Wenn die Verlassenden glauben, dass – wider Erwarten – doch so eine Ebene vorhanden ist. Die Existenz dieser Ebene machen sie an Gefühlen wie Wehmut, Schmerz und Traurigkeit fest, die manchmal nach erfolgter Trennung und Distanzierung in ihren Herzen aufsteigen.
Während ich diese Zeilen schreibe, merke ich, wie schwer es mir manchmal doch fällt, diese Thematik einem interessierten Leser gut verständlich zu vermitteln; dann befällt mich die Sorge, missverstanden zu werden…
So hoffe ich, liebe Besucherinnen und Besucher, dass Sie noch einige weitere Texte auf meiner Website lesen werden, die sich mit den Themen „Macht” und „emotionale Polarisierung in der Zweierbeziehung” befassen; Sie werden die Problematik darin von verschiedenen Seiten beleuchtet sehen, und dadurch ein besseres Verständnis der Psychodynamik erlangen.
Bleiben dennoch irgendwelche Verständnisschwierigkeiten bei Ihnen zurück, können Sie mir Fragen zu den theoretischen Überlegungen stellen; ich werde Sie gerne beantworten. Aber nun wieder zurück zur eigentlichen Problematik:
Es ist ganz wichtig, um Respekt und Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel zu setzen, dass so schwerwiegende Entschlüsse, wie ein Auszug aus der gemeinsamen Wohnung, auch durchgezogen werden, wenn man sie einmal angekündigt hat. Sonst gilt man bei der anderen Seite als „Umfaller”, den man in Zukunft nicht mehr Ernst nimmt. Man sollte vielleicht nicht gleich eine große Wohnung anmieten, sondern eher mit einer kleinen Bleibe vorlieb nehmen, um einen späteren Weg zurück nicht noch durch „technische” Probleme zu erschweren.
Neustart nur vom gemeinsamen Nullpunkt
Um eine gleiche Augenhöhe zwischen Verlassenen und Verlassenden herzustellen, ist eine längere Kontaktsperre das Mittel der Wahl. Nur wenn dieser Gleichstand zwischen den Parteien erreichbar ist, kann sich ihr Expartner wieder neu in Sie verlieben (wenn überhaupt); Sie würden dann mit ihm gemeinsam vom Nullpunkt starten; Kopf an Kopf sozusagen.
Ihr Expartner befindet sich aber schon eine längere Zeit an diesem Nullpunkt – sonst hätte er ja die Trennung nicht angestrebt; da hat er Ihnen gegenüber einen großen Vorsprung. Nun müssen auch Sie diesen emotionalen Nullpunkt ansteuern – sonst könnt ihr niemals gemeinsam starten.
Das Problem ist nur: Sie stehen nicht an diesem ominösen Nullpunkt, weil Sie ihren Ex ja noch lieben. Wahrscheinlich jetzt – durch den Trennungsschmerz verstärkt – noch viel mehr lieben; und nun sage ich Ihnen, Sie sollen sich auf diesen schweren Weg zum emotionalen Nullpunkt begeben. Na ja, zumindest Ihr Expartner müsste glauben, dass Sie auf den Weg dorthin sind, bzw. dass Sie an Ihrem emotionalen Nullpunkt angekommen sind.
Echter „Cut” am Wirkungsvollsten
Noch einmal: Interessant werden können Sie für Ihren Ex erst dann wieder, wenn er glaubt, dass Sie sich vollkommen entliebt haben; dann stehen Sie für ihn am Nullpunkt. Weil Ihr Ex Sie aber leider so gut kennt und Ihnen ihre Gefühle an der Nasenspitze ansehen kann 😉 , jedenfalls die, die Sie für ihn hegen, müssen Sie in die Verbannung der Kontaktsperre – damit er nicht mehr erkennen kann, an welchem Punkt Sie emotional stehen. Nach Wochen der Kontaktlosigkeit könnte er es sich vorstellen, dass Sie innerlich aufgegeben haben und am Punkt Null angekommen sind…
Wohnen Sie weiter mit Ihrem Trennungspartner zusammen, ist das nicht leicht zu verwirklichen. Aber mit eiserner Konsequenz und viel außerhäusigen Aktivitäten ist auch das machbar.
Wenn Sie getrennt voneinander wohnen, haben Sie es viel, viel leichter. Wichtig ist, dass Organisatorisches in einer neutralen Atmosphäre besprochen und verhandelt werden kann, denn die ganze Kontaktsperre verliert ihren Sinn, wenn Sie bei diesen seltenen Gesprächen jedes Mal vor lauter Verzweiflung die Nerven verlieren. Sollten Sie da sehr anfällig sein, müssten Sie ihren Expartner eine zeitlang meiden wie die Pest ;-).
Wenn sich Trennungspaare für eine gewisse Zeit nicht hören und sehen oder nur wegen sachlicher Themen Kontakt zueinander haben, kann das stark entlastend auf die unter Hochspannung stehenden Protagonisten wirken; zumindest auf den, der die Beziehung aufgeben möchte – und der ist der Entscheidende, weil er es ist, der die Macht hat.
Dem Anderen, in unserem Fall Klaus K., tut Abstand natürlich auch sehr gut; aber die Sorge, wie es wohl weiter geht und wie sich seine Ex ihm gegenüber in Zukunft verhalten wird, wird ihn sehr stark zusetzen und in der Einsamkeit seiner neuen Bleibe für lange Grübel-Sitzungen sorgen.