Der Seitensprung – Die Online-Partnerschaftsberatung
Seitensprung – evolutionärer Vorteil für den Mann
Das folgende Beziehungsbeispiel zum Thema Seitensprung ist in leicht ab- gewandelter Form der pdf.Datei mit dem Titel: Das Mann-Frau-Problem aus evolutionär-psychologischer Sicht entnommen.
Anhand der dargestellten Beziehungsproblematik soll der Versuch gemacht werden, dem interessierten Leser die urzeitlichen Kräfte vorzustellen, die hinter einem Seitensprung stecken.
Ausdrücklich soll darauf verwiesen werden, dass mit evolutionär-psycho- logisch orientierten Erklärungen menschlichen Verhaltens nicht das Leid und die Tragik entschuldigt werden sollen, die diese Verhaltensweisen oft mit sich bringen – besonders wenn Kinder zu den Leidtragenden gehören.
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Es wird uns aber nicht gelingen, eine bessere Welt zu schaffen, wenn wir vor den unseligen Kräften aus unserer evolutionären Vergangenheit die Augen verschließen!
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Das folgende Beispiel ist frei erfunden! Eine Übereinstimmung mit realen Begebenheiten wäre deshalb rein zufällig!
Der Alphamann will alle Frauen
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Günther ist seit einiger Zeit Leitender Ärztlicher Direktor der Kardiologie am Herzzentrum einer Uniklinik. Er ist 43 Jahre alt und seit siebzehn Jahre mit Elisabeth verheiratet. Sie haben drei Kinder.Das Ehepaar lernte sich bei einem Faschingsball der Universität kennen. Elisabeth war damals Jurastudentin und für Günther die große Liebe. Nach einem halben Jahr wurde sie von Günther schwanger und es stand für sie von Anfang an fest, dass sie das Kind bekommen wollte.
Günthers Eltern – eine angesehene Arztfamilie – bestanden darauf, dass die beiden heiraten. Elisabeth willigte ein, für die Mutterrolle ihre akademische Karriere an den Nagel zu hängen und ihren Mann in Zukunft bei dessen Karriere zu unterstützen. Lange Jahre waren sie eine glückliche Familie, und Günther, der erfolgreiche Arzt, stieg die Karriereleiter weiter nach oben. In dieser Zeit machte sich bei ihm ganz unmerklich eine Charakter-Veränderung bemerkbar.
Um diese Veränderung interpretieren zu können, ist es nötig, etwas weiter auszuholen: Günther wuchs in einem Elternhaus auf, das von einem überaus dominanten Vater geprägt wurde. Sein Vater war Professor für Neurochirurgie und ein international anerkannter Fachmann. Er war in der Klinik und zu Hause der klassische Halbgott. Sein übermäßiger Ehrgeiz konzentrierte sich auch auf seinen einzigen Sohn – mit der Vorstellung – aus ihm etwas ganz besonderes zu machen. Fast hätte er es vermasselt. Sein autoritärer Stil und sein übermäßiges Anspruchsdenken, verbunden mit ständiger Kritik, ließen Günther die Lust an der Schule verlieren. Erst auf einem Eliteinternat, fernab von seinem Elternhaus, gelang es ihm sich zu festigen und einen passablen Schulabschluss zu erreichen.
Allerdings hatte er die ständige Kritik an seinen Leistungen und an seiner Persönlichkeit, die sein Übervater ausübte, dermaßen internalisiert, dass er trotz guter Ergebnisse später auf der Uni nie mit sich zufrieden war. Der alte Herr hatte seinem Filius einen gehörigen Minderwertigkeitskomplex mit auf dem Wege gegeben. Mädchen gegenüber war er eher schüchtern und zurückhaltend, weil er irgendwie nicht so recht glaubte, bei ihnen landen zu können.
Er war der typisch nette Mann, der es immer und überall allen recht machen wollte. Elisabeth, seine Frau, kam aus einem zerrütteten Elternhaus: Der Vater verließ die Mutter, als sie acht Jahre alt war – die Mutter reagierte darauf mit Depressionen und kam zeitweilig in eine Klinik. Elisabeth wurde längere Zeit von einer Pflegefamilie betreut.
Als sie Günther kennen lernte, fand sie sofort Gefallen an dem ruhigen, etwas schüchtern wirkenden jungen Mann, der tiefgründig und hochintelligent war und sie nie bedrängte. Seine Beständigkeit und Verlässlichkeit vermittelten ihr eine emotionale Sicherheit, die sie von zu Hause nicht kannte.
Darum musste sie auch nicht groß überlegen ihre Karrierepläne aufzugeben, um ihn zu heiraten, als sie schwanger war. Seine Familie ging Günther immer über alles und er vergaß das große Opfer nicht, das seine Frau damals brachte, als sie ihr Studium aufgab, um sich nur noch der Familie zu widmen. Ihren Kindern war sie eine Mutter, wie sie selbst immer eine hätte haben wollen. Sie lebte ihr Leben praktisch durch sie, und der berufliche Erfolg ihres Mannes war sicher auch ein Stück weit ihrer.
Man kann sich ihre Verbitterung und Verzweiflung vorstellen, als sie bemerkte, dass Günther sich emotional immer mehr und mehr von ihr zurückzog und sein sexuelles Interesse an ihr erlahmte. Einerseits machte sie dafür den normalen Abnutzungseffekt verantwortlich, andererseits bemerkte sie aber die drastische Wesensveränderung Günthers und gab dieser die Schuld.
Und in der Tat: Günther, der ruhige, sachliche Wissenschaft- ler und Arzt, fing an mehr und mehr aus sich herauszugehen und ein Selbstbewusstsein zu entwickeln, das manchen in seiner Umgebung schon als übertrieben erschien. Innerhalb von fünf Jahren hatte er sich komplett gewandelt und nahm jetzt eine Attitüde an, die seinem Senior zur Ehre gereicht hätte.
Seit langen wurde in der Klinik gemunkelt, der Chef habe eine Affäre mit der äußerst attraktiven Oberärztin – auch mit der stellvertretenden Verwaltungschefin wurde er schon in einem schummrigen Restaurant gesehen. Elisabeth fand Kontoaus- züge mit Abbuchungen für eine Wohnung, die Günther ange- mietet hatte – über deren Zweck bestand für sie kein Zweifel.
Welche Erklärungsmodelle kann man nun heranziehen, um Günthers Seitensprung-Verhalten von einem evolutionären Blickwinkel aus zu betrachten?
Testosteron spielt beim Seitensprung eine wichtige Rolle
Das Steroidhormon Testosteron, im Blut von Männern etwa zehnmal so hoch konzentriert wie bei den Frauen, hat bei beiden Geschlechtern eine identische Wirkung auf die Gehirnfunktion – was man sich gemeinhin gar nicht so vorstellt – da Testosteron als das Männlichkeitshormon schlechthin gilt. Nervenzentren in bestimmten Arealen des Zwischenhirns – verantwortlich für Sexualität und Ag- gression – reagieren äußerst sensibel auf die Anwesenheit dieses Hormons.
Testosteron hat deshalb – bei Mann und Frau – einen starken Einfluss auf die Libido und den Machttrieb.
Aber auch das Umgekehrte gilt: Erfolgreiches Rivalisieren und ein Aufstieg auf der Rangleiter, erhöhen drastisch die Blutwerte des männlichen Sexualhormons. Um diese etwas verwirrenden Tatsachen zu ordnen, ist es hilfreich, ins Tierreich zu schauen.
Seit ungefähr 35 Millionen Jahren gibt es Primaten auf unserer Erde. Die Lebensweise in Gruppen mit einem Alphatier an der Spitze ist demnach uralt. Die Alphamännchen sind für die überwiegende Anzahl der Jungen in den Gruppen genetisch verantwortlich.
Die Ehrfurcht vor dem großen Boss drückt die Hormone in den Keller
Dem männlichen Sexualhormon Testosteron fällt innerhalb einer Primatengruppe eine entscheidende Steuerfunktion zu – es regelt Se- xual- und Aggressionstrieb der männlichen Mitglieder und ist somit ein Mediator der Gruppenpsychodynamik.
Dieses Regulativ ist deshalb möglich, weil die Furcht einflößende Herrschaft des Gruppenchefs die Hormonproduktion seiner männlichen Untergebenen stark unterdrückt. Der verringerte Sexualhormonspiegel bremst den Appetit der niedrigrangigen Primatenmännchen auf die Weibchen der Gruppe und nimmt ihnen außerdem die Lust auf Streit- händel mit dem Boss.
Die sozialen Interaktionen zwischen den Rangniederen und dem Ranghöchsten sind begleitet von Gesten der Unterwerfung und des Sich-Kleinmachens auf der einen Seite und des Sich-Großmachens und der Protzerei auf der anderen Seite.
Das Selbstbewusstsein und der damit einhergehende hohe Sexualhormonspiegel des Paschas sind eine direkte Folge der Unterwürfigkeitsgesten der anderen – die sie ständig ihm gegenüber zum Ausdruck bringen.
Mit einer kleinen Gemeinheit kann man die Gruppendynamik einer hierarchischen Tier-Sozietät kräftig durcheinander würfeln: Injiziert man einem rangniederen Männchen eine Depotladung Testosteron- propionat, wird es frecher, selbstbewusster und kämpferischer. Die verbesserte Einschätzung der eigenen Stärke wird seltsamerweise auch sofort von den anderen geteilt und der Gedopte steigt im Rang auf – allerdings nur – solange der Depotvorrat reicht.
Diese evolutionspsychologischen Mechanismen sind wahrscheinlich Dutzende von Millionen Jahre alt und bilden die Schnittstelle zwischen Macht und Sexualität.
Ein bei einer Auseinandersetzung siegreiches Tier hat seine guten Gene unter Beweis gestellt und es ist von seiner Seite aus sinnvoll, sich einem paarungswilligen Weibchen zu nähern, da seine Aussichten günstig stehen. Ein starker Anstieg seines Sexualtriebes, ausgelöst durch einen hochfahrenden Sexual- hormonspiegel, ist eine gute Voraussetzung dazu.
Bei siegreichen Soldaten steigt der Sexualhormonspiegel ins „Uferlose”
Siegreiche Soldaten in einer Schlacht werden durch Adrenalin und Endorphine so aufgeputscht, dass ihr Testosteronspiegel ins „Uferlose” steigt.
Der starke Antrieb, den der Aggressionstrieb dabei erlebt, motiviert sie weiter zum Kämpfen, was sinnvoll ist, da die Stimmungslage der Kom- battanten weitere Siege wahrscheinlich macht. Die hoch aufgedrehte Libido ist für die grässlichen Ausschreitungen verantwortlich, die überall auf der Welt schon von siegreichen Soldaten an der weiblichen Zivilbevölkerung verübt worden sind.
Zwei Ebenen tiefer erlebt man diese Vorgänge bei Sportver- anstaltungen – bei den Sportlern und den Zuschauern. Auch eine abgelieferte Dok- torarbeit oder eine berufliche Beförderung heben den Sexualhormonspiegel an – allerdings nur für ein oder zwei Tage. Grundlegende Anhebungen des Testosteron- spiegels – sozusagen seines Basiswertes – ergeben sich immer dann, wenn eine Person dauerhaft eine eklatant höhere soziale Stellung einnimmt bzw. einem permanenten Wettbewerb ausgesetzt ist, der erfolgreich bewältigt wird.
Damit kommen wir wieder zurück zu unserem Kardiologen Günther und seiner spät erwachten Passion für attraktive Frauen:
Dominante Väter unterdrücken die Hormone ihrer Söhne
Die stark überhöhten Ansprüche, die Günthers Vater an ihn gestellt hatte und denen er als Kind nicht gerecht werden konnte, hatten sein Selbstbewusstsein auf Jahre nach unten gedrückt. Auf einer tieferen seelischen Ebene verin- nerlichte er die Einschätzung seines Vaters und sah dadurch die meisten seiner Altersgenossen als überlegen an. Ob so etwas den objektiven Tatsachen entspricht oder nicht – ist völlig gleichgültig.
In seiner Realität und nach seiner subjektiven Interpretation ist dies so und der Hormonstatus orientiert sich an dieser Einschätzung. Einen normal niedrigen Sexualhormonspiegel haben wahrscheinlich viele Männer – damit kann man gut leben, eine Frau abbekommen und Kinder haben und vielleicht von einem Herzinfarkt verschont bleiben.
So ist es unserem Günther über die Jahre ergangen. Seine Intelligenz, seine Strebsamkeit und sein ärztliches Geschick hatten ihn aber unaufhaltsam die Karriereleiter nach oben klettern lassen. Er war gezwungen mit anderen zu rivalisieren und sich zu behaupten. Dies setzte humorale Anpassungs- reaktionen in Gang, die wiederum die Motivation steigerten, neue Herausforderungen anzunehmen.
In diese Zeit fielen die Wesensveränderungen, die jene verblüfften, die Günther vorher kannten. Im Klinikalltag wirkt er jetzt kühler und distanzierter als früher – auch Patienten gegenüber. Er spricht oft mit leiser, sonorer Stimme, so dass man genau hinhören muss, um ihn richtig zu verstehen. Er kümmert sich um alles, und alles muss im kleinsten Detail so sein, wie er vorgibt. Wenn er vermeintliche Fehlleistungen entdeckt, reagiert er rigoros und kanzelt sein Personal ab. Mit dem Rektor der Universität liefert er sich bei Sitzungen Schlagabtausche vom Feinsten – die man anderntags sogar in der örtlichen Presse nachlesen kann.
Attraktiven Frauen tritt er jedoch stets charmant und aufgeschlossen gegenüber und gibt sich Mühe, die Bekanntschaft zu vertiefen. Mit seiner Ehefrau, die die Mutter seiner Kinder ist, verbindet ihn jedoch nur noch eine herzliche Kameradschaft – eine sexuelle Anziehung empfindet er nicht mehr für Elisabeth. Es hat schon Zeiten gegeben, da hatte er zeitgleich drei Affären.
Günther ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass wir Menschen zwei verschiedene Fortpflanzungs- strategien besitzen, die je nachdem zum Einsatz kommen.
Die des treu sorgenden Vaters ist das häufigste und gängigste Modell, bei der Mann und Frau zur gemeinsamen Kinderaufzucht zusammenarbeiten. Für einen Mann war diese Strategie in der Urzeit dann erfolgreich, d.h. sie erbrachte einen statistischen Fortpflanzungserfolg, wenn er die ersten Jahre in sein Kind und seine Frau investierte.
Hohe Testosteronwerte verleiten zum Seitensprung
Die zweite männliche Fortpflanzungsstrategie ist die des treulosen Don Juans mit seiner Seitensprung-Mentalität. Dieses Modell funktionierte für einen Mann dann in unserer Urzeit, d.h. es garantierte ebenso einen statistischen Fortpflanzungserfolg, wenn er in der Lage war, viele verschiedene Partnerinnen anzuziehen. Wenn er auf diese Weise viele Kinder zeugte und nur ein paar von ihnen am Leben blieben, hatte er seinen Reproduktionsauftrag erfüllt – und das vor allem, ohne die geringsten eigenen Kosten zu haben.
Er ist damit derevolutionäre Gewinner. Die Rechnung für den Seitensprung bezahlten die Frauen, weil sie große Investitionen auf sich nahmen, die bei einem Nichtüberleben des Kindes in den Sand gesetzt waren. Der Urmann Otto Normal war dazu sicher nicht in der Lage – aber Alphamänner in Macht- und Führungspositionen, konnten es durchaus während ihrer reproduktiven Lebenszeit schaffen, mit vielen Frauen Kinder zu zeugen.
Der Seitensprung im menschlichen Paarverhalten ist demnach eine uralte Fortpflanzungsstrategie, die immer einen gewissen Anteil an den Paarungen ausmachen wird.
Das Modell des treulosen Don Juans allerdings hätte als alleiniges Fortpflanzungsmodell keine Chance gehabt sich zu etablieren, da die Mütter in aller Regel einen versorgenden Vater an ihrer Seite brauchten. Die Seitensprung-Strategie konnte sich evolutionär nur deshalb „halten”, weil es als Ausgleich in der Überzahl die Strategie des treu sorgenden Vaters gab und gibt.
Die Seitensprung-Strategie stellt, evolutionspsychologisch betrachtet, die ausbeuterische Variante dar, sozusagen die Parasitenform – sie ist aber in einem gewissen Prozentsatz erfolgreich und damit evo- lutionär stabil und deshalb gehört sie zum Wesen des Menschen, obwohl sie in den meisten Gesell- schaften verpönt ist.
Nun hat es den Anschein, dass die Höhe des Testosteronblutspiegels die Neigung eines Mannes zum Seitensprung stark beeinflusst.
Bei hohen Blutwerten, wie sie rivalitätsorientierte Männer normalerweise in hohen sozialen Positionen haben, überwiegt die Seitensprung-Strategie der kurzfristigen Partnerschaften. Ein übernormal hoch entwickeltes Selbstbewusstsein, verbunden mit hohen Testosteronwerten, macht es anscheinend Männern sehr schwer sich zu Verlieben und eine tiefere Bindung einzugehen.
Bei Günther war insofern die interessante Konstellation gegeben, dass in der ersten Hälfte seines Lebens, aufgrund seines Minderwertigkeitsgefühls, die erste Fortpflanzungsvariante vorherrschte. Durch seinen beruflichen Karriereschub, der mit Rivalisieren und erfolgreichem Wettbewerb einherging, akti- vierte sich nach und nach die Seitensprung-Strategie.
Es sei hierbei noch angemerkt, dass natürlich nicht zwangsläufig jede Beziehung mit einem Alphamann so einen Weg einschlagen muss. Es kommt hierbei sehr darauf an, wie stark jemand den Werte- und Nor- menkatalog seines Gesellschafts- oder Glaubenssystems verinnerlicht hat. Dieser wirkt dann einem Seitensprung-Verhalten entgegen und bremst den „Hunger nach Frauen” ab.
Der Seitensprung als evolutionärer Vorteil für die Frau
Jede Verhaltensweise hat einen genetischen Anteil
Alle menschlichen Verhaltensweisen – auch anscheinend zufällige oder erlernte – haben eine genetische Basis, die sie ermöglichen. Zum Spre- chen lernen z.B. ist viel Übung notwendig und eine geduldige Be- zugsperson. Aber das ist nicht alles: Das menschliche Gehirn ist durch Hunderttausende von Jahren auf ein Sprechen lernen genetisch vorbe- reitet. Sind die Hirnstrukturen dazu nicht angelegt oder zerstört – ist jedes Üben vergeblich.
Bei allen anderen Verhaltensweisen ist es ähnlich: unterschiedlich ist nur der Anteil von erworbenen und ererbten. So haben wir Menschen in unseren Genen auch Verhaltens-weisen codiert, die uns zum treuen Ehepartner machen oder uns zum Seitensprung tendieren lassen.
Dies ist aber nicht so zu verstehen, dass ein Mann/eine Frau das Monogamie-Gen hat und ein anderer/eine andere das Seitensprung-Gen. Jeder Mensch hat immer beide Anlagen. Im Allgemeinen ist die Tendenz zur Monogamie stärker entwickelt, als die zum Seitensprung – bei den Frauen sowieso.
Die Strategie des treu sorgenden Ehemannes war eine sichere Methode sich als Mann in der Urzeit fortzupflanzen – aber auch eine teuere. Die Seitensprung-Strategie war die billigere aber auch die unsichere, weil bei den allein erziehenden Müttern eine hohe Kindersterblichkeit gegeben war. Weil sie aber hin und wieder funktionierte und vor allem weil sie so billig war, erhielten sich die Seitensprung- gene bei den Männern über die Jahrmillionen.
Ein Seitensprung mit bitteren Folgen
Die Konsequenzen bei einem urzeitlichen Seitensprung konnten für die Geschlechter verschiedener kaum sein:
Während der Urmann sich nach einem Seitensprung folgenlos vom Acker machen konnte, war die Frau möglicherweise gezwungen, neun Monate lang eine beschwerliche Schwangerschaft auszutragen. Da für die Männer praktisch keine „Kosten” anfallen, haben sie einen viel stärkeren Drang nach flüchtigem Sex bzw. einem Seitensprung entwickelt als die Frauen.
Während eine Frau nach neun Monaten ihr Kind zur Welt brachte, konnte ein Mann in der selben Zeit mit vielen verschiedenen Frauen Sex haben und viele Schwangerschaften verursachen, was seine Seiten- sprung-Gene ziemlich weit verbreitet hätte. Voraussetzung aber wäre: er fände genügend bereitwillige Sexualpartnerinnen.
Würde eine Frau dasselbe tun, wäre das Ergebnis nach neun Monaten trotzdem nur ein einziges Kind.
Seitensprung-Strategien bei Frauen führen deshalb nicht zu einer erhöhten Reproduktionsrate – wie bei den Männern.
Ein Seitensprung muss sich rentieren
Wenn sich eine Urfrau in evolutionärer Zeit auf einen Seitensprung eingelassen hat, hat sie böse auf die Nase fallen können – umso erstaunlicher ist es, dass sie es hin und wieder trotzdem tat. Ein Seitensprung muss für sie deshalb einen Nutzen verkörpert haben, der die Nachteile unter dem Strich wieder wett gemacht hat – sonst hätte es nie in der Menschheitsgeschichte eine Seitensprung-Strategie gegeben.
Ein Seitensprung kann gute Gene bringen
Frauen mussten in unserer evolutionären Vergangenheit Männer anziehen, die über gute Gene verfügten und über Familiensinn. Die be- gehrtesten Männer sind aber, wie wir inzwischen wissen, für feste Beziehungen oft nicht so gut geeignet.
Um dennoch an die Gene dieser Supertypen zu kommen, ist die Seitensprung-Strategie die Methode der Wahl. Sie ergattert sich durch einen Seitensprung diese Supergene und ihr verlässlicher Angetrauter zieht nichts ahnend das fremde Kind mit auf.
Diese Kuckuckskind-Strategie beschert ihr möglicherweise einen Sohn, der in ebenso unwiderstehlicher Manier wie sein Vater, die Frauen anzieht. Die Seitensprung-Strategie würde so einer Frau dann viele Enkel bescheren, die ihre erfolgrei- chen Anlagen dann wiederum ähnlich zum Einsatz bringen würden. So vererbt sich dann das Faible für die tollen Männer weiter.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die evolutionär-psychologischen Erklärungen menschlicher Verhaltensweisen klingen nüchtern und funktionalisiert und sind natürlich nicht die Triebfe- der der beschriebenen Verhaltensweisen – sie ergeben sich nur als Konsequenz daraus.
So hat eine Urfrau natürlich nicht im Traum an die guten Gene eines Steinzeitgurus gedacht, die sie sich durch einen Seitensprung hat beschaffen wollen. Sie hat ja gar nicht gewusst was das ist. Sie war vielmehr von dem Supertypen so beeindruckt, dass sie gar nicht anders gekonnt hatte als…und daraus ergab sich dann wieder…
Noch ein Beispiel: Eine Erklärung warum wir essen wäre, dass wir damit den Ausgleich einer negativ gewordenen Energiebilanz anstreben – mit dem Effekt, dass der Blutzuckerspiegel ansteigt. Kein Mensch nimmt aber aus diesen Gründen Nahrung auf. Wir essen ausschließlich um das quälende Gefühl des Hungers los zu werden. Ist dies geschehen, hat sich automatisch auch der Blutzuckerspiegel normalisiert.
Ein Seitensprung hilft loszukommen
Ein Seitensprung kann für eine Frau eine Schlüsselfunktion darstellen, ihre alte Beziehung aufzukündigen und eine neue einzugehen. Sind Frauen mit ihren bisherigen Partnern unzufrieden, sind viele trotzdem nicht in der Lage, sich von ihnen zu trennen, wenn nicht gleichzeitig die Aussicht auf eine neue, bessere Partnerschaft besteht.
Dies war wahrscheinlich in grauer Vorzeit nicht anders. Für eine Urmenschenfrau war es sicher besser, in diesen schwierigen Zeiten, eine schlechte Partnerschaft zu haben, als überhaupt keine. Erschien ein neuer Mann auf der Bildfläche, der anscheinend besser passte, war der Seitensprung die Möglichkeit, sich emotional vollständig aus der alten Beziehung zu lösen.
Ein Seitensprung kann die Existenz absichern
Durch den Verlust der Brunftzeit, die tierische Vorläufer hatten, war es einer Vormenschenfrau möglich, Sex auch in der empfängnisfreien Zeit zu haben und zu genießen. Die Natur funktionalisierte die weibliche Sexualität, um einen Mann an die Frau zu binden. Diese Bindung ermöglichte es einer Frau, an Ressourcen zu partizipieren, über die Männer verfügten. Männer waren es gewohnt, Frauen, die sie sexuell interessierten, Nahrung, Schutz und emo- tionale Zuwendung zu teil werden zu lassen.
Urmenschenfrauen hatten sicherlich mehrere Kinder, die sie mit wechselnden Partnern zeugten. Für jede von ihnen war es ein großer Vorteil, wenn sie das Vermögen hatten, Männer in ihre Dienste zu bringen. Frauen, die diese Cleverness besaßen, brachten ihre Kinder leichter groß, als jene, die sich dümmer stellten. Die Gene dieser geschickten Frauen reicherten sich deshalb in den Vormenschengruppen an.
Frauen, die einen Säugling betreuten und stillten, waren in dieser Zeit nicht empfängnisbereit – immerhin drei Jahre lang. Gingen sie fremd und hatten einen Seitensprung, konnten sie nicht schwanger werden, aber von den Fremdmännern profitieren. Für manche sicherlich ein wichtiges Zubrot. Hier dürften die evolutionären Wurzeln der Prostitution zu suchen sein.
Aber – die Evolution kennt keine moralischen Prinzipien und belohnt jedes Verhalten, das Existenz sichernd ist und einen Überlebensvorteil einbringt.
Auf der anderen Seite – der männlichen – förderte die Evolution wiederum Strategien, die diesen weib- lichen Bestrebungen Einhalt gebieten sollten. Im Kapitel Eifersucht gehe ich auf diese Bestrebungen ausführlich ein.
English version: sex and status