Das Magengeschwür – Psychosomatik-Online

Magengeschwür – die Manager-Erkrankung

"Nervengeflecht"

Nerven sind millionenfach verzweigt… ©Alex/ fotolia.com

So wie ein Pilzgeflecht das unterirdisch den ganzen Waldboden durchzieht, bis in den hintersten Winkel hinein, so ist unser vegetatives Nervensystem. Mit seinen Millionenfach verzweigten Verästelungen umgreift es Organe, Drüsen und Muskeln. Mit seinen Impulsen steuert es das Geschehen tief in unseren Körpern; es werden Organe angetrieben und lahm gelegt, Muskeln verkrampft und gelockert, Drüsen zur Arbeit gezwungen und zur Pause.

Haben wir uns verletzt sorgt es dafür, dass Wunden heilen und Schmerzen verschwinden. Kurzum – das vegetative Nervensystem ist die gute Fee in uns – die alles regelt – ohne dass wir uns Gedanken darüber zu machen brauchen.

Vegetatives Nervensystem steuert alles

Auch die aller primitivsten Organismen haben die Fähigkeit Umweltreize wahrzunehmen und darauf zu reagieren – mit Bewegung oder durch Veränderung von inneren Funktionen. Die Evolution des Lebens, von einfachsten Formen bis hin zu Wunderwesen mit grandiosem Design, ist ohne eine entsprechende Evolution des vegetativen Nervensystems nicht denkbar. Lebewesen werden bei ihrem Kampf ums Dasein – gegen die unbelebte Natur ebenso wie gegen die belebte – vor Anpassungsleistungen gestellt, auf die sie reagieren müssen – innerlich und äußerlich.

Viele dieser Herausforderungen, von denen kein Organismus verschont bleibt, treten in gleichen oder in ähnlichen Konstellation immer wieder auf. Für die wichtigsten und häufigsten unter ihnen, die evolutio- nären Hauptprobleme sozusagen, hat die Natur Standartlösungen entwickelt, die in den Genen eingebet- tet sind.
Viele dieser Reaktionsmuster – bei Mensch und Tier – sind die einprogrammierten Antworten des Vegetativums auf Emotionen: Sobald wir z. B. das Gefühl der Angst verspüren schlägt das Herz uns bis zum Halse. Dies geschieht spontan und ist willentlich nicht kontrollierbar, weil das reflexhafte Geschehen alles dominiert.

Angst löst Körperreaktion aus

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Empfindet ein Lebewesen Furcht ist damit eine Dringlichkeit verbunden, die darauf abzielt, der Angst auslösenden Situation auszuweichen. Es ist deshalb nicht sinnvoll für ein Tier z. B mit der Nahrungsaufnahme fortzufahren oder eine begonnene Werbung um einen Sexualpartner weiter zu verfolgen, wenn es plötzlich in eine Situation gerät die Angst auslöst. Mensch und Tier vergeht deshalb sofort der Appetit und auch die Lust auf Sex verfliegt, wenn sie sich fürchten.

Aber damit nicht genug: Verdauungssäfte im Magen – Säure und Pepsine – werden blockiert bzw. heruntergeregelt; das- selbe passiert im Dünndarm, unserem wichtigsten Verdauungs- organ, mit den enzymatischen Verdauungssäften.

Ja sogar im Mund spielen sich diese vegetativen Prozesse ab: Vor lauter Angst kann einem buchstäblich die Spucke wegbleiben. Das vegetative Nervensystem will in so einem Fall unsere Verdauung komplett auf null bringen; sie bindet zu große Blutkapazitäten im Bauchraum, die bei Lebensgefahr besser der Muskulatur zur Verfügung stünden. Jeder kennt diesen Effekt einer bleiernen Müdigkeit, die sich nach einem opulenten Mittagsmahl bemerkbar macht und die einen zwingt Siesta zu halten.

Aber dieser Anpassungsreflex kann noch einen Tick weiter gehen: Geraten Tiere in eine bedrohliche Lage, die mit starker Furcht einhergeht und die sie in eine körperliche Auseinandersetzung zwingt, entleeren sie reflexartig Magen und Darm – um beweglicher zu sein. Diese Anpassungsreaktionen existieren auch bei uns Menschen – sie haben eine hunderte von Millionen Jahre lange Entwicklungsgeschichte hinter sich und gehen zurück auf säugetierartige Vorfahren, oder noch weiter – bis ins Reptilienzeitalter.

Volksmund kennt Zusammenhänge

Da wir Menschen diese Mechanismen intuitiv verspüren haben sie in der Form von Redewendungen Eingang in den Volksmund gefunden – ich habe auf diesen Seiten schon mehrfach darauf hingewiesen. Volkstümliche Ausdrücke, die körperliche Funktionen ansprechen, wollen aber nicht auf medizinische Sachverhalte hinweisen, sondern jene Gefühle zum Ausdruck bringen, die damit verknüpft sind und die sofort jeder versteht.

Gefühle in exakte Worte zu fassen ist umständlich und schwierig weil der Sprachschatz, den das Lexikon dafür bereithält, zu dürftig ist. Mit einer Geste, einem Laut oder einem bestimmten Gesichtsausdruck klappt das viel besser – oder eben mit einer eindringlichen Metapher.

Metaphern drücken Gefühle aus

Wenn jemand sich über ein Problem beklagt und dies mit den Worten tut, dass ihm „die Angelegenheit wie ein Stein im Magen liegt”, kann der Gesprächspartner gut nachfühlen, wie sehr denjenigen die Sache belasten muss.
Das Gefühl das dahinter steckt ist Angst. Angst – durch die „Sache” in Schwierigkeiten zu kommen bzw. durch sie einen Nachteil zu erleiden. Die metaphorische Darstellung mit dem Stein wirkt eindringlicher und plastischer als der abstrakte Begriff „Angst” – den die Person auch benutzen könnte.

Klar ist, was jemand meint, wenn er sagt, dass es ihm „vor lauter Angst den Magen umgedreht hat”. Der neurophysiologische Reflex des Erbrechens, um den es sich dabei handelt, wird durch das Verbum „umdrehen“ veranschaulicht. Es beschreibt die Verkrampfung der Magenwand, die ein Sich-Übergeben bewirkt, angesichts einer höchst bedrohlichen Situation.

Es existieren noch weitere umgangssprachliche Redewendungen die ausdrücken, wie Emotionen sich auf den Verdauungstrakt auswirken: Wenn eine Person „sauer” auf eine andere ist, drückt sie damit das Gefühl des Ärgers aus und nicht das der Angst. Ärger bzw. Wut ist die andere Emotion die uns auf den „Magen schlagen kann”, weil einer aggressiven Stimmung – genau wie einer ängstlichen – in Urzeiten oft körperliche Auseinandersetzungen folgten. Der Ausspruch, dass eine Situation „zum Kotzen” ist, beschreibt eine frustrierende Angelegenheit, hinter der eine aggressive Grundstimmung steckt – die eine Person im übertragenen Sinne erbrechen ließe.

Oder jemandem „hängt etwas zum Halse heraus” bzw. er kann „etwas nicht mehr schlucken” oder „muss eine gewisse Situation erst einmal verdauen” – dies alles sind Redewendungen die anschaulich auf einen Zusammenhang zwischen Gefühlen und vegetativen Reaktionen hindeuten. Wenn man im alltäglichen Sprachgebrauch diese Redensarten verwendet, ist man sich nur höchst selten darüber im Klaren, welche tiefen Weisheiten hinter diesen „Banalitäten“ stecken.

Manager-Affen sterben am Magengeschwür

Magengeschwür

Magengeschwür ©Martha Kosthorst/ fotolia.com

In den späten fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts machte der amerikanische Physiologe und Stressforscher Brady seine berühmt gewordenen Experimente mit Affen. Er schaffte eine Versuchssituation die es ihm ermöglichte Affen einen milden Elektroschock zu verpassen. Das Gemeine an diesen Experimenten war nicht der Strafreiz an sich, sondern, dass Brady den Affen die Möglichkeit bot, durch Erlernen einer komplizierten Prozedur den Strafreiz zu vermeiden.
Die Affen mussten dazu – unter großen Zeitdruck – ein kompliziertes Hand- lungs-Management (Manager-Affe) absolvieren: Tasten-Drücken und Hebel-Ziehen in komplizierter Reihenfolge – wenn sie alles richtig machten blieb der Stromschlag aus.

Die Intelligentesten erlernten diese Tricks nach kurzer Zeit – hatten damit aber den Totenschein schon in der Tasche.

Sechs Stunden am Tag wurde geübt – es gab Stress pur: Wie die Manager einer Konzernspitze standen die Manager-Affen unter Druck und Spannung – bei knapp bemessenen Zeitvorgaben – Problemlösungen bewältigen zu müssen; sonst hagelte es Sanktionen. Die Affen bemühten sich bis zum Umfallen ihre Aufgaben zu erfüllen – und sie vielen um – nach etwa 25 Tagen.

Sie starben an Magengeschwüren und an durchgebrochenen Zwölffingerdarmgeschwüren, verursacht durch ihre überaus stressige Lebensweise.

Der Clou aber kommt noch: Manche Affen waren zu dumm das komplizierte Stromschlag-Vermeidungs-Management zu erlernen. Diese Tiere bildeten die zweite Versuchsgruppe: Sie erhielten täglich innerhalb von sechs Stunden viele Stromschläge, denen sie nicht ausweichen konnten; zum Erdulden gezwungen fügten sie sich in ihr Schicksal und akzeptierten das Unvermeidliche – und blieben am Leben.

Fazit: Dumme leben länger! Smilie

Das komplizierte Stromschlag-Vermeidungs-Management stellte für die Gruppe eins – die Manager-Affen – eine chronische Stresssituation dar. Jedes Mal aufs Neue fuhr in sie die Angst hinein, den Stromschlag möglicherweise doch nicht vermeiden zu können. Das Paradoxe daran ist die Tatsache, dass etwas, das manchmal nicht zu vermeiden ist, offensichtlich viel, viel schlimmere Auswirkungen hat, als etwas das man erleiden und hinnehmen muss.

Cortisol führt zu Magengeschwür

Niere mit Nebenniere oben

Niere mit
Nebenniere oben ©Andreas Odersky/ fotolia.com

Der große Übeltäter, der die Affen umbrachte, war das Stresshormon Cortisol, das aus der Nebennierenrinde stammt.

Dieses Hormon reguliert wichtige Körpervorgänge – sowohl in Zeiten der Ausge- glichenheit als auch unter Stress, wenn dieser vorübergehender Natur ist. Bei länger anhaltendem Stress zeigt es seine Schattenseite und macht den Körper krank, weil die Natur keine Anpassungsreaktionen „erfunden” hat, die Langzeit- belastungen erträglich machen.

So haben die hohen Cortisol-Blutspiegel, die bei kürzerem Stress nützlich sind, bei längerem fatale Auswirkungen: Für unser Thema Magengeschwür ist wichtig, dass Cortisol die Durchblutung der Magen- und Darmschleimhäute vermindert, gleichzeitig aber die Säureproduktion im Magen erhöht. Zwar werden unter Stress – durch den Sympathikus – die Magen- und Darmsäfte blockiert, aber hinterher, in den Erhoh- lungsphasen, steigt die Ausscheidung von Salzsäure stark an.

Bei chronischer Dauerbelastung sind die Stresshormone 24 Sunden pro Tag auf erhöhtem Niveau – auch in den Stress freien Ruhezeiten gehen sie nicht auf die Normalwerte zurück; Manager-Affen sind deshalb permanent sauer.

Die Schleimhaut – schlechter durchblutet als sonst – verliert an Widerstandskraft gegen die Übernacht der scharfen Säure, die anfängt, Löcher in die Muskelschicht zu fressen.

Das Duodenum – der Zwölffingerdarm – entwickelt das Zwölffingerdarmgeschwür auf eine etwas andere Art, wobei auch hier die Magensäure die Hauptrolle spielt. Bei normalen Säureverhältnissen – außerhalb einer Stresssituation – wird der saure Nahrungsbrei des Magens im Duodenum vollständig alkalisiert, d.h. er verliert seinen Säuregrad und somit auch seine Aggressivität. Ist durch chronischen Stress die Magensäure dauernd zu hoch, kann die Neutralisation im Dünndarm nicht vollständig erfolgen. Kleine Säurereste können dort – in der nicht weiter geschützten Darmschleimhaut – münzengroße Geschwüre produzieren.

Manager-Affen wollen Kontrolle

Dr. Joseph V. Brady

Dr. Joseph V. Brady

Da in Bradys Experimenten die ausgeteilten Stromreize für die Manager-Affen nicht lebensgefährlich waren, sondern allenfalls lästig bzw. beängstigend, stellt sich die Frage, was das eigentliche Motiv gewesen sein könnte, das die Affen angetrieben hat, sich so hinein stressen zu lassen. Sie hätten ja durchaus auch erkennen können, dass die Situation sie krank und kaputt macht und dass es besser wäre, das Unabwendbare einfach hinzunehmen und zu akzeptieren, anstatt sich dagegen mit aller Macht aufzulehnen (das Foto von Dr. Brady ist hier veröffentlicht).

Die Kollegen, die das Vermeidungs-Management nicht begriffen hatten, konnten sich ja auch mit den unangenehmen Tatsachen abfinden. Nun – es könnte das starke Bedürfnis gewesen sein, eine unangenehme Situation kontrollieren zu wollen bzw. zu müssen. Denn – das Bedürfnis Kontrolle über die Umwelt zu er- langen steckt in allen Lebewesen.

Alle Tiere und somit auch der Mensch haben ein großes Bestreben Macht über ihre unmittelbare Lebenssituation zu erlangen, denn Macht bedeutet vor allem eines: Sicherheit. Sicherheit zu haben ist das Grundbedürfnis Nummer eins aller Lebewesen.

Diese Sicherheit stellte Brady durch seine perfide Versuchsanordnung in Frage. Die Unsicherheit, die sich bei den Affen breit machte, könnte man in einem noch etwas weiter gefassteren Rahmen, folgender- maßen interpretieren:

Weil sie eine in ihren Augen gefährliche Situation nicht befriedigend meistern konnten – das Damokles- schwert des Elektroschocks schwebte ständig über ihnen – war potentiell die Gefahr gegeben, dass es auch noch schlimmer werden könnte. Denn – in so einer unkontrollierbaren Situation weiß ein Tier nie was als nächstes kommt; es könnte ja ein Stromschlag sein der tödlich ist.

Hätte Brady seinen Manager-Affen mehr Zeit gegeben die gestellten Aufgaben zu lösen, wären sie nicht todkrank geworden, weil sie jedes Mal den Stromreiz hätten vermeiden können. So ist es ihnen zwar meistens geglückt – aber nicht immer. Sie sind gestorben an dem Faktum, nicht ausreichend Macht und Sicherheit erlangt zu haben.

Ich überlasse es den verehrten Lesern, sich eigene Gedanken darüber zu machen, wie diese Erkenntnisse auf den Menschen übertragen werden könnten – der ein Leben führt bzw. führen muss, das bei vielen geprägt ist von Termindruck und Hetze.

Magengeschwür und Bakterien

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Heliobakter pylori ©lom123/ fotolia.com

Als man bei Patienten mit Magengeschwüren spezielle Bakterien feststellte, die die Magenschleimhaut besiedelten, war rein somatisch ausgerichteten Medi- zinern klar, dass sie die Ursache dieser Magenleiden sind. Es hieß, dass damit der Beweis erbracht sei, dass seelische Ursachen bei einem Magengeschwür keine Rolle spielen.

Mit solchen Entdeckungen – wie dem Magenbakterium Heliobacter pylori – oder der Erkenntnis, dass bei bestimmten Erkrankungen des Darmes Autoimmunstörungen eine große Rolle spielen, wird immer wieder versucht, das Gedankengebäude der psychosomatischen Medizin zum Einsturz zu bringen; obwohl jedes „Kind“ weiß, dass man durch Stress magenkrank werden kann.

Auch können diese Behauptungen die Tatsache nicht erklären, warum bei 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung diese Bakterien existieren, aber nur ein kleiner Teil davon an einem Magengeschwür erkrankt. Wie bei vielen Krankheiten existiert auch beim Magengeschwür ein multifaktorielles Ursachen- bündel, d.h. mehrere Faktoren müssen zusammentreffen, damit sich ein Magengeschwür entwickelt.

So kommt es bei einer Infektion mit Heliobacter pylori zur Irritation und Schwächung der Schleimhaut, die dann anfällig wird für die eigene Säure und die aggressiven Verdauungsenzyme. Chronische Belastungs- situationen – beim Menschen eher psychosoziale als körperliche – führen zu einem starken Anstieg der Stresshormone, die immer auch das Immunsystem schwächen, was der Ausbreitung der Magenbakterien sehr entgegen kommt.

Weitere Stress Folgen sind Durchblutungsstörungen der Schleimhaut, die mit einer Verringerung ihrer Dicke einhergehen; zusätzlich verschlimmert sich alles noch durch den oben bereits erwähnten starken Anstieg der Magensäure. Diese Faktoren sind verantwortlich dafür, dass der Magen anfängt sich selber zu verdauen.

Magengeschwür und Persönlichkeit

In der psychosomatischen Fachliteratur ist häufig von einem passiven und einem aktiven Ulkustyp die Rede:

Der passive Ulkustyp wird beschrieben als eine Persönlichkeit, die im Zwischenmenschlichen sehr stark nach Geborgenheit und Zuwendung sucht. Bei diesen Individuen sind infantile Abhänigkeitstendenzen vorhanden, die ihren Ursprung in einer Störung der Mutter-Kind-Beziehung haben und die auf eine gewisse emotionale Unreife schließen lassen. Sie sind zum großen Teil in Familien aufgewachsen in denen eine „Überbehütung” des Nachwuchses gegeben war; hervorgerufen durch ängstliche Mütter – in der Absicht – „Schaden” von ihren Kindern abzuhalten. Wenn Kinder diese ängstliche Einstellung internali- sieren sind sie später nicht fähig, sich von ihren beschützenden Bezugspersonen zu lösen, um auf eigenen Füßen zu stehen.

Es gelingt ihnen nur schwer ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln, das ihnen das Vertrauen gibt, es auch alleine schaffen zu können. Sie werden im Erwachsenenleben nach „starken” Persönlich- keiten Ausschau halten, die ihnen Halt und Sicherheit vermitteln. Man könnte sagen, dass die Lebensstrategie dieser Personen ausschließlich darauf gerichtet ist beschützt zu werden.

Auch Kinder aus Elternhäusern mit einem völlig anderen Familienklima können als Erwachsene Schwierigkeiten haben ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit zu entwickeln. In solchen Familien herrscht Chaos und Unsicherheit wegen der Unfähigkeit der Mutter einen geregelten Lebenswandel zu führen und den Kindern eine adäquate Erziehung zuteil werden zu lassen.
Kinder – vielleicht von Haus auf sensibel und ängstlich – können in solchen Familienkonstellationen kaum zu Persönlichkeiten werden, die in sich selber ruhen. Wegen ihrer seit Kindheit bestehenden Bedürfnisse nach Liebe, Akzeptanz und Anlehnung können sie später besonders „anfällig” für Beziehungsmuster sein, die Schutz und Sicherheit vermitteln.

Es ist klar, dass alle Menschen mit so starken Abhänigkeitstendenzen ständig in der Furcht leben, ihre beschützenden Schlüsselpersonen einmal zu verlieren. Treten Beziehungsschwierigkeiten auf, die diese latent immer vorhandenen Ängste mobilisieren und verstärken, steigt für diesen Persönlichkeitstyp das Risiko ein Magengeschwür zu entwickeln.

Macher-Typen haben Magengeschwür

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Stress macht kaputt… ©AA+W/ fotolia.com

Der aktive Ulkustyp ist von außen betrachtet eine gänzlich andere Natur: Er wirkt selbstbewusst mit einem Hang zur Dominanz. Er ist strebsam, tüchtig und fleißig. Er reißt sich darum Verantwortung zu übernehmen und ist engagiert darin andere zu unterstützen. Sein Bedürfnis nach Anerkennung, Aufmerksamkeit und Erfolg steht sehr stark im Vordergrund. Der aktive Ulkustyp ist rast- und ruhelos und ständig auf der Suche nach neuen Beweisen seiner Grandiosität und Stärke.
Im hintersten Winkel seiner Seele jedoch hegt er – tief versteckt – ein großes Verlangen nach Liebe und umsorgt werden, das er aber abwehrt und nicht an die Oberfläche kommen lässt.

Diese einander widerstrebenden Persönlichkeitsanteile – Wunsch nach Unabhängigkeit und Verlangen nach Zuwendung – spiegeln die emotionalen Gegebenheiten in seinem Elternhaus wieder: Der aktive Ulkustyp hat rebelliert – entweder wegen einem Zuviel an Liebe oder wegen einem Zuwenig.

Diese konflikthafte Eltern-Kind-Situation hat bei ihm zu einer allgemeinen Abwertung von Gefühlen geführt, mit dem Effekt, dass im Erwachsenenalter diese Menschen sehr stark von ihren Gefühlen abgeschirmt sind; entweder weil sie früher zu schmerzlich waren oder weil Kinder sie als Zeichen von Schwäche auffassten und sich ihrer schämten. Aber trotzdem sind sie auch beim Erwachsenen noch da und mit Erfolg, Leistung und Anerkennung versuchen diese Individuen ihren tief versteckten Bedürfnissen Rechnung zu tragen.

Die Exzessivität und der Ehrgeiz – mit denen das Ganze betrieben wird – kann stressige und zwanghafte Züge annehmen; die Betroffenen geraten dabei öfter in emotionale Ausnahmesituationen, die denen von Bradys Manager-Affen nicht unähnlich sind.

Magengeschwür durch Migration

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Migration auch ©marcfotodesign/ fotolia.com

Es existieren Studien die belegen, dass Magengeschwüre und Zwölffingerdarm- geschwüre signifikant häufiger bei Einwanderern und Aussiedler anzutreffen sind. Der Tod als Folge des Durchbruchs eines Ulcus war unter türkischen Gastarbeitern einstmals gar keine so große Seltenheit.

Allgemein lässt sich sagen, dass der Verlust einer vertrauten Umgebung, ganz besonders aber der einer vertrauten Gruppe – in der das Individuum integriert war – einen ungeheuer großen Stressfaktor darstellen kann.

In Kriegszeiten hatten Katastrophen, Todesgefahren und die völlige Vernichtung von Existenzgrundlagen keine gesteigerten Todesraten von Ulcusträgern zur Folge, wenn das soziale Umfeld einiger Maßen erhalten geblieben ist. Sind aber Menschen entwurzelt worden und, ohne sozialen Zusammenhalt mit Vertrauten zu haben, auf sich alleine gestellt gewesen, war das Risiko an einem durchgebrochenen Magengeschwür sterben zu können hoch gewesen.

Diese Tatsache ist alles andere als verwunderlich, sind doch in Primaten-Sozietäten alle Einzelindividuen im hohen Maße von der Unterstützung durch ihre Gruppe abhängig. Verlor man in archaischen Zeiten den Kontakt zu seinen Leuten, war die Überlebensfähigkeit im höchsten Grade gefährdet; diese Tatsache stellte eine immense Stresssituation dar.