Liebe und Macht – Die Online-Partnerschaftsberatung

Das Macht-Gleichgewicht – ein erstrebenswertes Ziel

Gleichgewicht

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Die Macht-Verteilung innerhalb eines Paares ist eine wichtige psychologische Größe, und nicht selten hängt das Schicksal einer Zweierbeziehung von ihr ab. Wenn ihre Beziehung kränkelt und Sie an einer Genesung interessiert sind, muss der Beziehungsdoktor genau an dieser Stelle ansetzen und mit Ihrer Hilfe ein Strategiekonzept entwickeln, das geeignet ist, die Macht-Verteilung in Ihrer Beziehung neu aus- zubalancieren.

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Wer will mit dem
zusammensein? ©Susanne Güttler/fotolia.com

Auf viele von Ihnen wird die Vorstellung von Liebe, die in Verbindung zu Macht und Dominanz steht, befremdlich wirken, und Sie werden sicher der Meinung sein, dass man alle Tendenzen, die in diese Richtung gehen, auf jeden Fall aus einer guten Beziehung heraushalten sollte. Unglücklicherweise ist dies aber für niemanden von uns möglich.

In jeder Beziehungsform, die zwei Menschen miteinander haben, geht es auch um Macht. Das ist ganz natürlich und da ist auch nichts Böswilliges dabei. Macht kommt automatisch immer dann ins Spiel, wenn zwischen Partnern eine unterschiedliche Interessenslage herrscht – und das ist meistens der Fall. Das ist z.B. bei Arbeit- geber-Arbeitnehmer-Verhältnissen so oder bei der Beziehung zwischen Eltern und Kinder.

                Einer hat immer die Macht

Arbeitgeber sind normalerweise deshalb die Mächtigeren, weil sie an einem Fortbestehen des Arbeits- verhältnisses in der Regel weniger Interesse haben als der Arbeitnehmer. Oder anders ausgedrückt: Ein Chef bekommt in der Regel schneller einen neuen Arbeiter, als ein arbeitsloser Arbeiter eine neue Anstellung.

Das Macht-Ungleichgewicht zwischen einer Mutter und ihrem Kind könnte man folgendermaßen beschrei- ben: Das Ziel das beide gemeinsam haben ist das Überleben des Kindes. Daran hat die Mutter ein Interesse und das Kind. Die Mutter deshalb, weil sie 50 Prozent der Gene mit ihrem Kind gemeinsam hat. Der Verwandtschaftsgrad zwischen Eltern und Kinder beträgt deshalb 1/2.

Ein Kind ist an seinem Überleben natürlich sehr stark interessiert – denn es ist mit sich selbst zu einhun- dert Prozent verwandt. Daraus kann man ableiten, dass, rein mathematisch betrachtet, ein Kind doppelt so stark an seinem Überleben interessiert sein dürfte, wie seine Mutter. Dieses Ungleichgewicht in der Interessenslage bedingt die Macht einer Mutter über ihr Kind. Allerdings können sich in pathologischen Mutter-Kind-Beziehungen die Machtverhältnisse auch umkehren.

Verallgemeinernd ausgedrückt könnte man sagen: Der weniger Interessierte ist immer der Unab- hängigere und automatisch der, der über die größere Macht in einer Beziehung verfügt – einfach deshalb, weil es ihm weniger schwer treffen würde als den anderen, würde die Beziehung zu Ende gehen.

Für eine Liebesbeziehung gilt das Gleiche: Einer liebt den anderen meist etwas weniger als umgekehrt. Selbst wenn am Anfang der Beziehung die Emotionslage völlig gleich gewesen sein sollte – irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem sich das Macht-Gleichgewicht etwas verschiebt. Gründe dafür können in den unterschiedlichen Persönlichkeiten der Liebenden liegen oder in externen Faktoren, die ins Spiel kommen und die Macht-Balance verändern. Wie auch immer – es entsteht ein Zustand, der den einen die Bezie- hung wichtiger erscheinen lässt als den anderen.

Macht-Teufelskreislauf zerstört Ehen

Diese Unterschiedlichkeiten in gewissen Interessens- und Gefühlslagen entwickeln die Tendenz, sich in einem selbstverstärkenden Teufelskreislauf weiter aufzuschaukeln und auszubauen, da der engagiertere Beziehungspartner meistens die Emotionslage des anderen zu seinen Gunsten verändern möchte und dadurch alles nur noch schlimmer macht.

In Leo Tolstois’ Meisterwerk „Anna Karenina” ist die Psychodynamik dieser Macht-Verschiebung vom Autor bis ins kleinste Detail wiedergegeben:

Der Draufgänger Graf Wronski verliebt sich leidenschaftlich in die unerreichbar erscheinende verheiratete Anna. Als diese seine Liebe erwidert und sich von ihrem Mann trennt, nimmt das Unglück seinen Lauf. In der Sicherheit des Zusammen- lebens vermindern sich die Liebesbekundungen des Grafen etwas. Anna gerät darüber in Panik – weil sie alles für Wronski aufgegeben hat und nun befürchtet, seine Liebe zu verlieren. Ihre verzweifelten Anklammerungsversuche, von der Hoffnung getragen, ihn gefühlsmäßig wieder stärker zu binden, treiben ihn nur noch weiter von ihr fort…

Diese Macht-Kämpfe sind typisch für menschliche Zweierbeziehungen und können ein Paar extrem polarisieren und destabilisieren. Das Paradoxe an solchen Situationen ist gewöhnlich der Umstand, dass die Gefühle des Dominanten – also der, der weniger liebt und deshalb mehr Macht hat – in dem Ausmaß immer mehr abnehmen, wie sie auf der anderen Seite gewöhnlich immer mehr zunehmen.

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Beziehungsgespräche
haben es in sich ©Tatyana Gladskih/ fotolia.com

Der eine Partner kannibalisiert dabei die Emotionslage des anderen – in der Regel ohne jede Absicht. Ein Liebespaar, das in so einem Macht-Teu- felskreislauf feststeckt, hat beileibe nichts zu lachen. Die aufreibenden Aus- einandersetzungen, die an der Tagesordnung sind, erschöpfen die Protago- nisten mehr und mehr – bis einer entnervt das Handtuch wirft.

Diese exzessiven Streitereien, die in heutigen Zeiten so viele Paare betref- fen, waren in der Urgeschichte der Menschheit in dieser Form sicher so nicht gegeben. Der Druck, in einer feindlichen Umwelt überleben zu wollen und zu müssen, hat ein Urmenschen-Paar zusammengeschweißt und es nicht ge- stattet, über „Problemchen”, die sich heute schnell ergeben können, in derartige Macht-Kämpfe zu geraten, dass die Beziehung gefährdet ist.

                                                  Er ist anders als sie

Da Männchen und Weibchen bei allen Tierarten eine etwas unterschiedliche evolutionäre Entwicklungs- geschichte durchlaufen haben, die sie in eine Art von „biologischer Gegnerschaft” zueinander gebracht hat, verfolgen die Geschlechter – auch beim Menschen – unterschiedliche Interessenslagen, was Fort- pflanzung und Partnerschaft anbelangt. Diese Unterschiedlichkeiten dürften die psychobiologische Basis der Macht-Kämpfe zwischen den Geschlechtern darstellen.

Was andererseits bedeutet: Mann und Frau ziehen nicht am selben Strang.

In einer ausgewogenen Partnerschaft werden diese geschlechtsspezifischen Unterschiede in den Verhaltensweisen durch unbewusste Angleichungsprozesse verwischt; d.h. das „biologische Konflikt- potential” wird durch eine annähernd gleiche Macht-Stellung der Partner eingeebnet.

In einer unausgeglichenen Beziehung jedoch, in denen ein Macht-Ungleichgewicht existiert und einer den anderen mehr braucht als umgekehrt, nimmt mit der Zeit der Dominante in der Beziehung Verhaltenswei- sen an, die seiner ganz urtümlichen biologisch-männlichen bzw. biologisch-weiblichen Fortpflanzungs- strategie entsprechen – einer Fortpflanzungsstrategie, die entwicklungsgeschichtlich gesehen zurück- geht, auf eine Zeit, als unsere Vorläufer noch Baum bewohnende Primaten waren.