Psychosomatische Erkrankung – Online-Beratung – Blog

Kreuzschmerzen – seelische Lasten werden vom Rücken getragen wie körperliche
Vaginismus – der schmerzhafte Scheidenkrampf besitzt eine Schutzfunktion
Der Spannungskopfschmerz – muskuläre Vorbereitung zum Kopfstoß
Anfallsartiges Herzrasen – Vorbereitung auf Kampf oder Flucht
Impotenz ist ein Anzeichen dafür, dass er ihr unterlegen ist
Der Stolz hat seinen Preis – die Nacken-Verspannung
Wenn uns der Atem stockt – das Asthma bronchiale
Das Magengeschwür – die Manager – Erkrankung
Unser Gehirn konserviert viele uralte Programme
Die Colitis ulcerosa – chronische Darmerkrankung
Agoraphobie oder Platzangst – ein urzeitliches Relikt
Wenn Gedanken sich im Kreise drehen – der Schwindel
Vorzeitige Ejakulation – archaischer Reflex bei Lebensgefahr
Angina pectoris – sinnvolle Anpassung an längst vergangene Zeiten
Eine rheumatoide Arthritis ist der Ausdruck unterdrückter Aggressionen
Mit der Eigensprache bis zu den Wurzeln einer psychosomatischen Erkrankung
Bei Gefahr aktiviert unser Körper Notfallprogramme aus archaischer Vergangenheit
Ein Hyperventilationssyndrom führt zu schmerzhaften Verkrampfungen an Händen und Füßen

Eine psychosomatische Erkrankung hat Wurzeln in der Urzeit!

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Die psychosomatische Erkrankung – kurze Einführung

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Kopfschmerzen sind
häufige Leiden… ©Gina Sanders/fotolia.com

Bei einer psychosomatischen Erkrankung wird der Körper krank weil die Seele leidet. Die naturwissenschaftliche Medizin tut sich schwer mit diesen Kranken und ihren Krankheiten – auch heute noch.

Ein Patient der z.B. über einen unerträglichen Schmerz im rechten Arm klagt, für den es nicht den geringsten diagnostischen Anhaltspunkt gibt, ist ein ganz und gar suspekter Zeitgenosse. Solche Menschen werden gern als Hypo- chonder stigmatisiert oder schlimmer noch – als Simulanten.

Das Irrationale das manchmal psychosomatischen Erkrankungen anhaftet, macht es der Medizin nicht leicht, diesen Erkrankungen einen allseits anerkannten Platz in ihrem wissenschaftlichen Theoriengebäude einzuräum- en.

Zu schwer einzuordnen und klassifizierbar erscheinen oft die einzelnen Krankheitsbilder – vor allem die somatoformen Störungen – sie sind die Affen in der Medizin.

Psychosoziale Reize die auf unsere Seele einwirken und intrapsychisch verarbeitet werden, können eine so bunte Mannigfaltigkeit von körperlichen Erscheinungsformen hervorbringen, dass man keinerlei Voraussage darüber treffen kann, welcher seelische Einfluss bei dem einen oder anderem Individuum, zu dieser oder jener psychosomatischen Erkrankung führen wird.

So kann zum Beispiel der tragische Verlust eines nahen Angehörigen bei einem Betroffenen eine schwere Depression auslösen, verbunden mit einer lang andauernden Schlafstörung. Bei einem anderen kann Trauer und Schmerz zu einer funktionellen Herzbeschwerde und zu einer Störung des körpereigenen Immunsystems führen, während bei einer dritten Person – außer einer Trauer – überhaupt keine psycho- somatischen Symptome auftreten.

Diese große Variabilität an Körperstörungen – als Antwort auf einen identischen Reiz – macht es einem somatisch ausgerichteten Mediziner sehr, sehr schwer, sich irgendein allgemeingültiges Prinzip vorzu- stellen, das hinter dem Ganzen stecken könnte. Diese Vielgestaltigkeit psychosomatischer Erkrankungen und somatoformer Störungen wird durch ein individuelles Zusammenspiel von genetischer Veranlagung, archaischen Mechanismen und Persönlichkeit des Erkrankten erklärbar. Dieses Wechselspiel konfiguriert sich bereits in der Kindheit des Betroffenen durch spezielle Erziehungssituationen, die gegeben sein müssen.

Psychosomatische Erkrankung – körperliche Reaktion auf Stress

Nahezu jede psychosomatische Erkrankung oder Funktionsstörung ist die direkte oder indirekte Folge einer seelischen Belastungssituation – gemeinhin als Stress bezeichnet. Die Reaktionsweise eines Individuums auf körperlichen oder psychosozialen Stress wird durch somatische und seelische Anpas- sungsreaktionen bestimmt, die während der Evolution des Menschen oder seiner tierischer Vorläu- fer angelegt wurden.

Eine psychosomatische Erkrankung oder eine somatoforme Störung hat ihre Wurzeln daher immer in der menschlichen oder vormenschlichen Evolutionsgeschichte.

 

In den Sanduhrtexten oben stelle ich Ihnen einige psychosomatische Erkrankungen und somatoforme Störungen vor. Unter anderem an Hand von ausgewählten Patientenbeispielen werde ich Ihnen zeigen, wie manche Symptome, die heute einen Menschen krank machen, zu anderen Zeiten bzw. in anderen Situationen lebenserhaltende Funktionen gehabt haben.

Sollten sich Verständnisfragen zu diesen Texten ergeben, können Sie mir schreiben – ich werde Sie Ihnen gerne beantworten.

Psychosomatische Erkrankung und Erziehungsmodelle

Mensch nimmt Sonderstellung ein

In der Natur ist der Mensch ein Phänomen – nicht nur was seinen Verstand anbelangt. Er ist das am wenigsten spezialisierteste Lebewesen auf diesen Planeten. Alle anderen Kreaturen im Tierreich sind durch besondere Fertigkeiten streng an ein Leben in ihren ökologischen Nischen angepasst. Allesamt sind es hoch spezialisierte Spezialisten. Nur wir sind es nicht.

Wir können rennen, kriechen, auf einen Baum klettern, schwimmen und sogar tauchen. Welches Tier kann das! In den Einzeldisziplinen sind die Tiere uns überlegen – aber in der Variabilität der Fortbewegungs- möglichkeiten kann es kein Tier auf Erden mit uns aufnehmen. Man kann sagen die Spezialisierung des Menschen ist seine Nichtspezialisierung. Gerade diese Nichtspezialisierung hat den Menschen so erfolgreich gemacht und es ihm ermöglicht, die verschiedensten Regionen unserer Erde zu besiedeln.

Erziehungsstile sind verschieden

Auch die Art und Weise wie wir unsere Kinder erziehen können ist vielfältig und differenziert – bei keinem Säugetier gibt es das: Da herrscht ein rigider uniformer Erziehungsstil, der dafür sorgt, dass den Sprösslingen die Grundprinzipien des arteigenen Soziallebens in Fleisch und Blut übergehen. Dies ist dringend nötig, denn würde sich ein Tier seiner Gruppennorm verweigern, wäre es zum Tod verurteilt, weil die Gruppe es verstoßen würde.

Im Spielverhalten haben Jungtiere die Möglichkeit – außerhalb des Ernstfalles – soziale Rollen einzuüben. Die Alten gewähren dazu eine Art Narrenfreiheit – in gewissen Grenzen. Werden diese überschritten, hagelt es Sanktionen, um die Übermütigen auszubremsen.

Die Stämme der Eingeborenen handhaben das ähnlich. Wie überall auf der Welt lieben auch hier die Mütter ihre Kinder, aber werden Grenzen überschritten hat jegliche Toleranz ein Ende. Die Mütter unterbinden rigoros allzu egoistische Bestrebungen ihrer Kinder, um ein Verhalten zu fördern das sozialverträglich ist. Nie ist auch nur im Ansatz eine Mutter in Gefahr, Autorität und Dominanz über ihr Kind zu verlieren.

Für ein Kind ist das keineswegs ein Nachteil – sondern im Gegenteil – ein großer Vorteil: Sie verinnerlichen dadurch früh im Leben die Normen ihres Gesell- schaftssystems – die die Basis bilden für ihr Zusammenleben.

Für die späteren Erwachsenen hat dies eine immense Bedeutung, weil sie ohne ausreichende Akzeptanz und Unterstützung durch ihre Gruppe nicht überle- bensfähig wären.

Psychosomatische Erkrankungen oder bizarres neurotisches Verhalten von Erwachsenen – in unserem Kulturkreis gang und gäbe – ist in diesen Kulturen obsolet.

In unserem westlichen Kulturkreis herrscht aber auch eine etwas andere Erziehungsphilosophie, die ihre Vorteile hat sich aber auch ganz krass nachteilig auf ein Kind auswirken kann, wenn eine Mutter z. B. unfähig ist oder unreif und daher konzeptlos agiert.

Die Förderung der kindlichen Individualität hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert und eine Mutter ist geneigt, dieser Prämisse in ihrem Erziehungsstil Rechnung zu tragen. Der Nachteil bei der ganzen Sache ist der, dass dieser Erziehungsstil der Mutter einen Teil ihrer Autorität und Dominanz über das Kind nehmen kann. Steht die Autorität einer Mutter aber auf allzu tönernen Füßen, ist Tür und Tor geöffnet für endlose Streitereien und Auseinandersetzzungen – da Kinder versuchen ihre Einflusssphäre immer weiter auszubauen.

Schaltkreise aus der Urzeit etablieren sich

Bei einer psychosomatischen Erkrankung kommt es zu einem Zusammenspiel von auslösenden äußeren Faktoren und innerseelischen Verarbeitungsmechanismen. Diese transformieren den Eingangsreiz in einen krankmachenden Ausgangsreiz, der in seinem Zielgebiet eine psychosomatische Erkrankung aus- löst. Diese innerseelischen Programme sind das Hochinteressante bei der Sache; eine Ansammlung von Nervenzellen in den tiefsten Tiefen unseres Unterbewusstseins ist dafür verantwortlich, konstruiert von der Evolution – für ein Leben vor vielen Millionen Jahren.

Immer wiederkehrende Schlüsselerlebnisse – typisch für gewisse elterliche Erziehungssituationen – erwecken diese Schaltungen aus der Urzeit aus einer Art Dornröschenschlaf. Die aktivierten Schläfer über- nehmen dann im späteren Leben in bestimmten Situationen, die Regie über den Körper – gemäß ihrer archaischen Programmierung.

Während der Kindheit kann sich eingespieltes kindliches Rollenverhalten mit einem spezifischen Nervenschaltkreis aus der Urzeit verknüpfen. Dieser bestimmt dann später im Erwachsenenleben die körperlichen Reaktionen – in Situationen – die urzeitlichen ähneln oder die einen imaginären archaischen Symbolgehalt aufweisen.

Der Mensch als relativ unspezialisierte Spezies verfügt über ein reiches Arsenal solcher neurophy- siologischer Mechanismen, zu denen er auf der seelischen Ebene einen leichteren Zugang hat als alle anderen Tierarten. Dies bedingt das verwirrend bunte Bild von vegetativen Funktionsstörungen und psychosomatischen Erkrankungen, mit denen Leidtragende sich herumschlagen müssen. Manche dieser archaischen Anpassungen haben sich in ihrer ursprünglichen Stärke erhalten; andere, sehr viel ältere – nur in ihren Ansätzen.

Beispiel:
Wie allseits bekannt ist das Leben einmal im Meer entstanden und erst viel, viel später schafften es Amphibien ähnliche Fische sich in den sumpfigen Übergangszonen einen Lebensraum zu erobern. Abermillionen Jahre verbrachten die verschiedensten Tierarten ihr Leben zwischen Wasser und Land. Auch heute noch zeugt die Embryonalentwicklung aller Landtiere von deren aquatischer Vergangenheit: Jedes neue Leben – ob innerhalb eines Vogeleies oder im Inneren eines Säugetieruterus wächst heran in einem Wassersack.

Säuglinge schwimmen wie Fische

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Sie schwimmen wie Fische… ©Andrey Bandurenko/fotolia.com

Damit aber nicht genug: Bei uns Menschen können die Kinder schwim- men, lange bevor sie laufen lernen. Legt man die Zwerge vorsichtig in temperiertes Wasser, schwimmen sie spontan – angetrieben von ei- genartigen Bewegungen nach einem archaischen Programm, das mehrere hundert Millionen Jahre alt ist. In späteren Entwicklungssta- dien verliert sich allerdings diese Fähigkeit zu schwimmen wieder, weil die Weiterentwicklung des wachsenden Gehirns diese Fertigkeiten außer Kraft setzt.

Aber der Tauchreflex hat sich erhalten – auch beim Erwachsenen – als Relikt aus unvorstellbar langer Zeit. Entdeckt wurde der Tauchreflex erstmals bei Enten: Sie können unter Wasser ohne zu atmen länger überleben als an Land. Beim Abtauchen schaltet ein Reflex alle Körpersysteme der Ente auf Sparmodus, um den Sauerstoffverbrauch zu senken.

Beim Menschen aktiviert sich dieser Reflex spontan – wenn sein Gesicht unter Wasser gehalten wird. Im Moment des Eintauchens blockiert die Atmung, der Puls verringert sich und die Hauttemperatur sinkt ab, weil der Kreislauf sich umstellt. Plötzlicher Herztod – beim Sprung ins Wasser – könnte auf eine überstarke Aktivierung dieses Mechanismus zurückzuführen sein.

Möglicherweise sind funktionelle Störungen der Atmung bei manchen Menschen auf die Aktivierung dieses Reflexes zurückzuführen: Angesichts gefährlicher sozialer Situationen kann sich bei besonders disponierten Individuen dieser uralte Mechanismus einschalten – wenn der dringende Wunsch besteht untertauchen zu wollen, um verschwinden zu können. Der normale Atemrhythmus wird dann überlagert von den Sperrversuchen aus der Urzeit, weil man ja unter Wasser nicht mehr atmen kann.

Erziehung – Schlüsselrolle bei psychosomatischer Erkrankung

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Ein glückliches
Kind… ©sborisov/fotolia.com

Wie oben erwähnt, spielen Entwicklungsvorgänge in der Kindheit eine große Rolle. Man ist deshalb heute einhellig der Meinung, dass die Erziehung unserer Kinder einen sehr großen Einfluss darauf hat, ob im späteren Leben des Erwachsenen eine psychosomatische Erkrankung auftreten wird oder nicht.

Unter Erziehung versteht man dabei ein absichtliches Einwirken auf das Verhalten des Kindes, mit dem Ziel, eine Verhaltensänderung zu erreichen. Zum Einsatz kommen Strategien des Belohnens und Bestrafens, sowie des Korrigierens und der Unterweisung bzw. des Anlernens.

Zwei Faktoren sind im Zusammenhang mit der elterlichen Erziehung von großer Bedeutung: die elterliche Erziehungsphilosophie und die Reaktion des Kindes darauf.

Elterliche Erziehungsmodelle sind stark vom jeweiligen Kulturkreis geprägt und können deshalb sehr vielgestaltig sein. Entsprechend vielgestaltig können deshalb auch menschliche Verhaltensreaktionen ausfallen und ihre emotionale Begleitmusik.

Bei Tieren ist so ein breites Verhaltensspektrum unmöglich. Sie reagieren relativ stereotyp, gemäß der Bandbreite ihrer angeborenen Reaktionsbereitschaft. Lernen erweitert natürlich auch bei ihnen angeborene Verhaltensweisen, aber erst der Mensch mit seiner neokortikalen Denkweise bringt z. B. das Kunststück fertig, soziale Situationen einfach umzudefinieren – die neue Sichtweise ermöglicht dann eine andere Einstellung – und ein anderes Verhalten.

Der menschlichen Spezies stehen deshalb im Normalfall immer mehrere Verhaltensalternativen zur Verfügung, um in bestimmten Situationen angemessen handeln zu können. Für welche sich ein Mensch entscheidet hängt im Wesentlichen von den sozialen Rollen ab, die er sich in Elternhaus und Schule angeeignet hat.

 

So mag eine Person auf eine Beleidigung oder Herabsetzung gekränkt reagieren, weil sie diese als Demütigung interpretiert. Eine andere kann sie als Herausforderung auffassen – die seine Streitlust entfacht. Eine dritte hat so ein dickes Fell, dass sie überhaupt nicht darauf reagiert – äußerlich nicht und innerlich nicht.

Diesen drei Verhaltensweisen liegen jeweils unterschiedliche kindliche Temperamente zugrunde sowie verschiedene elterliche Erziehungsstile. Ein Mensch wird im Erwachsenenleben dann mit Stress und möglichen psychosomatischen Störungen reagieren, wenn er fortwährend in Situationen gerät, in denen er mit seinen „andressierten” Verhaltensweisen aneckt.

Man stelle sich einen Manager vor, der aus einer Ursprungsfamilie stammt, in der permanent Streit und brüderliche Rivalität herrschte – die die Eltern ohne zu steuern einfach laufen ließen. Er ist es gewohnt für seine Bedürfnisse lautstark einzutreten und um sein Recht zu kämpfen – koste es was es wolle.

In einem intellektuell herausfordernden Berufsumfeld kann ihm diese Charakterdisposition sehr schaden. Wenn er es nicht schafft, seinem Verhalten eine diplomatische Note zu geben, wird er sich mehr Feinde schaffen als er am Ende verkraften kann. Erkennt er die Gefahr und zügelt er sein Verhalten, kann er trotzdem sein vegetatives Reaktionsschema nicht außer Kraft setzen. Er wird Zorn und Wut empfinden über betriebliche Unzulänglichkeiten und über etwaige Benachteiligungen – aber er wird seinen Ärger kontrollieren. Kontrollierter Ärger jedoch – der keine Ausdrucksmöglichkeit findet – wird sich in irgendeiner Form somatisch manifestieren und zu einer psychosomatischen Krankheit führen.

Stellt man sich vor, dieselbe Person hat das Talent eine Karriere als Profiboxer zu machen – er wird von psychosomatischen Beschwerden verschont bleiben – zumindest so lange – wie er aktiver Sportler ist.

Kinder reagieren unterschiedlich

Als zweites spielt es für das spätere Auftreten einer psychosomatischen Erkrankung eine wichtig Rolle, wie Kinder auf ein elterliches Erziehungsmodell ansprechen – denn sie reagieren darauf keineswegs uniform. Im Gegenteil: In Kindern existiert eine breite Palette an Möglichkeiten, mit der sie auf elterliche Maßnahmen antworten können.
Die Reaktion die ein Kind auf einen elterlichen Erziehungsversuch zeigt, hängt zum einen stark von der Eigenart des Kindes ab und zum anderen vom Geschick der Eltern – wie diese es schaffen ihr Erziehungsideal zu vermitteln bzw. wie sie es ihrem Nachwuchs aufoktroyieren.

Kinder können – ganz grob gesagt – mit dreierlei Varianten auf elterliche Erziehungsmaßnahmen reagieren:

  • Mit einem sich Fügen
  • Mit einer erfolgreichen Rebellion
  • Mit einer erfolglosen Rebellion

Ein Hauptgrund für das Auftreten einer späteren psychosomatischen Erkrankung liegt darin, in wieweit das Kind die Erziehungsmaßnahmen seiner Eltern angenommen oder abgelehnt hat.

Das fügsame bleibt verschont

Das gehorsame und fügsame Kind wird im späteren Leben keine psychosomatische Erkrankung entwickeln, wenn es ein Leben führen kann, für das es von seinem Rollenverständnis her geeignet ist.

Kinder die in einer glücklichen Familie aufwachsen – in der ein liebevolles Miteinander herrscht – werden weitgehend von psychosomatischen Störungen verschont bleiben, wenn die Eltern es fertig bringen, auf Grenzüberschreitungen und Unbotmäßigkeiten ihrer Sprösslinge konsequent und widerspruchsfrei zu reagieren.

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Die Brave… ©Anja Greiner Adam/fotolia.com

Als Erwachsene sind diese Kinder dann fähig in bestimmten psychosozialen Situationen mit angepasstem Verhalten zu reagieren – ohne großen Stress dabei zu haben oder unüberwindlichen Konflikten ausgesetzt zu sein. Wachsen sie mit Geschwistern auf oder unter genügend Gleichaltrigen, werden sie alle Verhaltensweisen entwickeln, die nötig sind, um sich später behaupten zu können.
Solche Personen sind fähig Gefühle zu erleben und zum Ausdruck zu bringen; sie sind warmherzig und emphatisch und ruhen in sich – weil Widersprüchliches in ihrer Persönlichkeit nicht existiert.

Auch Kinder aus harten und sehr strengen Elternhäusern können im späteren Leben von psychosomatischen Erkrankungen verschont bleiben und sich diesem Erziehungsstil stressfrei anpassen, wenn sie – trotz aller Strenge – spüren, dass sie ihren Eltern nicht gleichgültig sind und diese sich um ihr Wohl sorgen. Auch diese Erziehungskonstellation ermöglicht es Kindern – in einem gewissen Rahmen – sich mit ihren Elternhäusern zu identifizieren. Solche Ursprungsfamilien können natürlich anderweitig große emotionale Spuren in ihrem Nachwuchs hinterlassen: Kinder solcher Familien können sich zu harten und gefühlskalten Individuen entwickeln, mit Charakterneurosen behaftet sein oder sexuelle Abweichungen entwickeln.

Geraten solche Personen z. B. in eine Auseinandersetzung mit einem Höherrangigen, bei der sie voraussichtlich den Kürzeren ziehen, werden sie sich ohne großes innere Drama fügen und unterwerfen. Sind sie in der überlegenen Position, werden sie kühl ihren Vorteil suchen – ohne sich groß Gedanken um die andere Person zu machen. Ihre Gefühlswelt kann wie ausgeknipst erscheinen – emotionale Stürme scheinen vollkommen ausgeschlossen. Sie brauchen sich in schwierigen zwischenmenschlichen Situation- en nicht beherrschen – sie sind beherrscht.

Eine psychosomatische Erkrankung bezieht jedoch ihre krank machenden Energien aus nicht abschalt- baren aufgewühlten Emotionen, die das Nervensystem überfordern oder einer Hemmung aufgestauter Impulse, wie sie typisch für Konflikte ist.
Diese Gefühlszustände werden einer Person weitgehend fremd erscheinen, die aus einem Elternhaus stammt, das ohne große Widersprüchlichkeiten funktioniert hatte.

Geraten sie aber in Lebenssituationen die sie überfordern, weil sie mit ihrer rigiden Persönlichkeit nicht angemessen reagieren können, können psychosomatische Störungen auftreten, da sie es nicht gewohnt sind aufgestaute Gefühle zum Ausdruck zu bringen – ja es kann gut möglich sein, dass sie diese nicht einmal verspüren. Alexithymiker – so der Fachausdruck – stellen für die konventionell ausgerichtete Psychotherapie die große Crux dar, weil es solchen Personen nahezu unmöglich ist, über sich selber zu sprechen.

Das unbeugsame bleibt auch verschont

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Der Teufel… ©Felix Mizioznikov/fotolia.com

Kinder die es geschafft haben, gegen den Erziehungsstil ihrer Eltern erfolg- reich zu rebellieren und die Macht zu übernehmen, können im späteren Leben auch von psychosomatischen Erkrankungen verschont bleiben, weil sie keine inneren Widersprüchlichkeiten entwickeln und nicht dazu neigen, mit sich selber in Konflikt zu geraten.

Allerdings ist Voraussetzung, dass sie als Erwachsene nicht gezwungen werden sich übermäßig unterzuordnen.

Kinder – die so aufwachsen – können im späteren Erwachsenenleben schnell ungeduldig werden und auch aggressiv. Weil sie sich nie einer elterlichen Dominanz hatten unterwerfen müssen, konnten sie keine Kontrollmechanismen entwickeln um aggressive antisoziale Impulse zu beherrschen – Impulse, wie sie in jedem von uns von Natur aus stecken.

Auch Kinder die antiautoritär erzogen wurden können als Erwachsene – aus ähnlichen Gründen – frei von psychosomatischen Krankheiten bleiben. Allerdings kann es bei ihnen geschehen, dass sie ihre sich entwickelnde logische Denkfähigkeit dazu benutzen, als Heranwachsende einer Sozialisierung durch Anpassung auszuweichen. Eine positive Charakter-Entwicklung wird in solchen Fällen dann eher nicht stattfinden.

Widersprüchliche Erziehung macht krank

Eltern die einen widersprüchlichen und nicht konsequenten Erziehungsstil anwenden, ziehen Kinder groß, die als Erwachsene mit hoher Wahrscheinlichkeit unter neurotischen Persönlich- keitsstörungen leiden oder an psychosomatischen Störungen erkranken werden.

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Was für eine Mutter… ©JackF/fotolia.com

Eine Mutter die launisch ist und z. B. ihrem Kind gewisse Disziplinlosigkeiten durchgehen lässt, es aber in anderen Situationen dafür grausam bestraft, schafft eine Situation der permanenten Unsicherheit in ihrem Kind.

Solche Kinder sind ständig in einer inneren Hab-Acht-Stellung – ihr Nerven- system befindet sich in einem Dauerzustand der erhöhten Wachsamkeit. Das Sensorium ist schließlich durch jahrelanges Training so geschärft, dass es fähig ist, auch unterschwellige soziale Reize zu perzipieren und darauf zu reagieren.

Kinder solcher Eltern sind nicht in der Lage einen neuralen Filtermechanismus zu entwickeln, den normale haben, und der sie im späteren Leben vor schädlichen Reizen abschirmt. Solche Erziehungssituationen fördern bei Heranwachsenden die so genannte Borderline Persönlichkeitsstörung.

Da solche Menschen permanent von sozialen Stimuli überflutet werden, reagieren sie schon auf geringe soziale Belastungen mit Stress, der in der Summe ihre Anpassungskapazitäten überfordert und psycho- somatische Erkrankungen auslöst.

Eltern-Kind-Konflikte auch bei Tieren

Auch das erfolglos rebellierende Kind, das sich gegen den Erziehungsstil seiner Eltern auflehnt, trägt ein großes Risiko im späteren Leben eine psychosomatischen Krankheit zu entwickeln.

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© Alexander von Düren/fotolia.com

Alle Jungtiere im Tierreich – die menschlichen eingeschlossen – zeigen einen gesunden Egoismus, der ihre kindlichen Bedürfnisse übernormal zur Geltung bringen möchte. Junge brauchen eine gewisse Macht über ihre Eltern, damit diese in ihrer Versorgung nicht nachlassen.

Daraus ergibt sich die Konstellation, dass Jungtiere oft mehr fordern, als die Elterntiere bereit sind zu geben. Dies ist die Basis des Eltern-Kind-Konfliktes. Machtauseinandersetzungen zwischen Eltern und Kindern haben deshalb eine biologische Basis und wahrscheinlich auch ein eigenes Motivationssystem, das die Kinder dazu bringt, gegen ihre Eltern zu opponieren.

Wenn Eltern ängstlich und unsicher sind und nicht standhaft bleiben, kann es deshalb schon ein Säugling fertig bringen, die ersten Machtproben seines Lebens für sich zu entscheiden. Schreien, weinen, nicht schlafen und nicht essen, sind die Machtmittel in seinem Waffenarsenal, mit denen er es schaffen kann – mit intuitiver Schläue – einen ganzen Haushalt zu dominieren. (Die Grafik links zeigt eine Wölfin, die ihr Junges wegträgt)

Erfolglose Rebellion führt zu psychosomatischer Krankheit

Meistens ist es harmloser, aber wenn eine Mutter unsicher ist, wird das Kind die Schwäche verspüren und versuchen daraus Kapital zu schlagen. Rede und Gegenrede werden einander abwechseln – mit ständig aktivierter Erregung und Aufregung auf beiden Seiten.

In diesem familiären Klima werden die Kinder konditioniert auf Stress, Streit und Auseinandersetzung.

 

Diese endlosen Reibereien zwischen Eltern und Kinder – wenn sie sich einmal etabliert haben – geben das Modell ab, nach dem die Kinder im späteren Erwachsenenalter ihre Auseinandersetzungen führen werden. Sie haben es nie richtig gelernt einfach einmal nachzugeben, sich zu unterwerfen, eine Situation einmal ohne Stress und Streit hinzunehmen – wenn sie nicht zu ändern ist.

Stattdessen werden sie als Erwachsene zu debattieren anfangen, wenn ihnen etwas nicht passt; bei Kleinigkeiten und Unsinnigkeiten auf ihrem vermeintlichen Recht beharren und kämpfen bis zum Umfallen und ihre vegetativen und motorischen Zentren dabei bis zur Erschöpfung überfordern. Bei chronischen psychosozialen Belastungssituationen wird dieser Typ Mensch irgendeine psychosomatische Erkrankung entwickeln – für die er prädisponiert ist.

Solche Menschen sind aber nicht grundsätzlich prädestinierter als andere, eine psychosomatischen Erkrankung zu bekommen; sie haben in ihrem Leben nur den zehnfachen Stress auszuhalten den andere haben – das würde jeden von uns krank machen.

Zwanghafte Gedankenkreise

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Ergebnislose Debatten zwischen einer Mutter und ihren Kindern – was Kinder tun sollten bzw. nicht tun sollten – legen den Grundstein für eine spätere zwangsneurotische Persönlichkeitsstruktur bei den Kindern. Alle Versuche auf ein Kind mit Argumenten einzuwirken laufen nach dem Schema „Wenn… dann” ab und sind an Bedingungen geknüpft:

„Wenn du dich bei der Tante brav und gesittet verhältst, gehen wir hinterher ein Eis essen”.

„Wenn du deine Hausaufgaben ordentlich machst und auf die Prüfungen fleißig lernst, wirst du später erfolgreich sein im Leben und viel Geld verdienen”.

„Wenn das mit dir so weitergeht und du dich nicht besserst, werden dein Vater und ich ein Internat suchen, wo man dir die Flausen austreibt”.

Kinder, denen als Erziehungsmittel fortwährend solche oder ähnliche Bedingungen gestellt werden, um sie zu disziplinieren, verinnerlichen diese Dispute – obwohl sie gegen die elterlichen Anweisungen opponieren. Der Kernpunkt dieser ganzen Streitereien ist ein Konflikt zwischen kindlichen Wünschen (Gefühlen) und vernünftigen elterlichen Erwägungen. Dieses ewige Hin und Her setzt sich in der kindlichen Seele schon frühzeitig fest als ein Konflikt zwischen Gefühl und Verstand.

Die mahnende Stimme der Eltern wird vom kindlichen Ich übernommen und meldet sich als gestrenge Instanz später zu Wort – in Situationen – in denen der inzwischen Erwachsene vermeintlich versagt hat. Wenn Menschen mit sich unzufrieden sind und sich Selbstvorwürfe machen, benutzen sie oftmals dieselben Worte wie früher ihre Eltern, um auf sich Druck auszuüben – meist mit demselben negativen Ergebnis wie damals.

Kurios ist manchmal der Umstand, dass eine Person, die sich normalerweise mit gewählten Worten artikuliert – umgangssprachlichen Dialekt benutzt – wenn sie mit sich selber hadert. Diese zwanghaften Selbstgespräche, die sich im Kreise drehen, beginnen ihre Vorwürfe gewöhnlich mit den Worten: Da habe ich zu mir gesagt, dass…. Das Ich, das da was sagt, ist die vernünftige Stimme der Eltern, die mahnend und schimpfend auf ein unbotmäßiges Kind einredet.

Solche Dispute mit sich selbst – besonders in kritischen Lebenssituationen – können eine vorhandene Unzufriedenheit noch sehr vertiefen, weil die erhobenen Vorwürfe das innere Kind treffen und dadurch demoralisieren und verstimmen. Ausgeprägter Selbsthass kann sich ergeben, der in eine tiefe Depression einmündet oder gar zu einem Suizid führt.

Grübeln macht krank

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Er zerdenkt alles… ©bilderstoeckchen/ fotolia.com

Wichtig im Hinblick auf psychosomatische Erkrankungen ist die Tatsache, dass Selbstvorwürfe und ein ständiges Brüten und Grübeln über ein und dieselben Probleme zu einer Überforderung des Nervensystems führt – weil diese Denkmuster, die im Kreis herumführen, kognitive Kapazitäten blockieren. Grübelzwänge können sich schließlich so stark ausweiten, dass die betreffende Person sich mit ihren Gedanken ausschließlich um sich selbst dreht.

Jeder Anstoß von außen, der eine andere Perspektive der Situation eröffnen könnte, wird mit in diesen Kreis hineingezogen und so neutralisiert. Individuen – die so denken – sind permanent in einem Zustand der erhöhten Reizbarkeit: Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden, aggressi- ve Stimmungslage, Verspannungen – das ganze Arsenal an psychoso- matischen Beschwerden kann die Folge sein, wenn Personen sich ständig mit sich selber beschäftigen – als Endergebnis einer ungünstigen Konditionierung in der Kindheit.